Westdeutsche Zeitung: Rot-Grün setzt Änderungen bei der Schulpolitik durch = von Frank Uferkamp

Rot-Grün hat gestern einen Teil seiner
bildungspolitischen Wahlversprechen eingelöst. Dieses Vorhaben war
politisch nicht eben anspruchsvoll, bestand es doch im wesentlichen
daraus, einen großen Teil der Reformen der schwarz-gelben
Vorgängerregierung zurückzudrehen. Das ist nun gelungen und entsprach
den Erwartungen der rot-grünen Klientel. Denn sowohl die meisten
Lehrer- wie auch einige Elternverbände hatten gegen die Einführung
der Kopfnoten protestiert. Der Widerstand gegen die Schwächung des
Elternwillens beim Schulwechsel reichte sogar bis tief ins
bürgerliche Lager. Der dort herrschende Verdruss über die allzu
rückwärts gewandte Bildungspolitik der schwarz-gelben Landesregierung
war einer der Gründe für deren Wahlniederlage im Mai. Doch entgegen
so manch vorschnellem Frohlocken bei altgedienten Bildungsideologen,
die es sowohl bei SPD wie auch bei den Grünen immer noch gibt,
erwuchs daraus kein Mandat für einen radikalen Umbau der
Schullandschaft. Das verbieten einmal die knappen
Mehrheitsverhältnisse im Landtag, vor allem aber auch der
Elternwille. Der ist deutlich differenzierter, als es so manche
bildungspolitische Schuldebatte suggeriert. Eine wohnortnahe, gut
ausgestattete Schule, die die Kinder nicht bereits nach vier Jahren
in starke und schwache Schüler sortiert und die vor allem die
Kapazitäten hat, jeden Einzelnen zu fördern – das ist der Wunsch der
übergroßen Mehrheit, wie sich aus jeder Umfrage zum Thema herauslesen
lässt. Die alleingültige Antwort zu diesem Thema hat auch die neue
rot-grüne Landesregierung noch nicht gefunden. Die
Gemeinschaftsschule wird beworben als das Modell der Zukunft. In der
Gegenwart gibt es gerade einmal zwei Gemeinden landesweit, die sie
einführen wollen. Das ist so wenig, dass vor allem Schulministerin
Löhrmann schnell darüber nachdenken muss, welche Lehren sie daraus
zieht. Womöglich ergeben sich doch neue Gesprächsfäden zur CDU. Dass
es auch ganz pragmatisch gehen kann, weist Löhrmann nun bei der
Reform des Turbo-Abis nach. Weniger Hausaufgaben, mehr
Einzelförderung – das sind Ansätze, die den oft überforderten
Schülern helfen. Und das ist wichtiger als so manche
Grundsatzdebatte.

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