Westdeutsche Zeitung: Sanktionen gegen Russland – Reden ist besser als Eskalation Ein Kommentar von Peter Kurz

Es wirkt ganz so, als fielen zwei
Schwergewichte dem Westen bei seiner im Schulterschluss geübten
Sanktionspolitik gegenüber Russland in den Rücken. Da zeigt der alte
Staatenlenker Helmut Schmidt Verständnis für Wladimir Putin. Dafür,
dass dieser die Krim nach Russland geholt hat. Und nennt die
Sanktionen dummes Zeug. Da reist der Chef eines der wichtigsten
deutschen Unternehmen ausgerechnet in einer Phase zu Putin, in der
über mögliche Wirtschaftssanktionen diskutiert wird. Und lobt ihn
anbiedernd im Plauderton für dessen wunderbare Sotschi-Winterspiele,
um sodann Russland, dem guten Siemens-Kunden, weiter gute Geschäfte
zu versprechen.

Haben wir es hier mit zwei Russland-Verstehern zu tun, die der
gemeinsamen Sache des Westens nicht nur schaden, sondern den
Machthunger des Kreml-Zaren auch noch vergrößern? Gewiss bewegen sich
beide auf einem sehr schmalen Grat. Auf der einen Seite ist da die
Gefahr, dass Putin sie zu Werkzeugen seiner Propaganda macht. Auf der
anderen Seite ist da aber auch die Chance, die die beiden – auch wenn
sie nicht demokratisch legitimiert sind – zu Botschaftern macht. Zu
Botschaftern, die ein Gegengewicht zu einer Rhetorik ins Spiel
bringen, die den unberechenbaren russischen Präsidenten zu weiteren
unliebsamen Schritten veranlassen könnte.

Die Spöttelei des US-Präsidenten Barack Obama, der vor ein paar
Tagen gesagt hat, Russland sei doch nur eine Regionalmacht, war ein
gefährliches Spiel mit dem Feuer. Glaube doch niemand, in der
Politik, zumal bei einem wie Putin, spielten nur rationale Abwägungen
eine Rolle. Insofern ist es wichtig, dass es auch andere
Kontaktpersonen im Westen für ihn gibt.

Es geht längst nicht nur um Wirtschaftssanktionen, die neben
Russland auch Tausende deutsche Unternehmen und Hunderttausende
Arbeitsplätze hierzulande betreffen würden. Es geht auch darum, das
Zünden weiterer Eskalationsstufen in dem Konflikt zu verhindern. Der
Siemens-Chef hat den Primat der Politik anerkannt. Das ist eine
Selbstverständlichkeit. Doch so lange die Politik nicht entschieden
hat, ist es richtig, schwer rückholbare Entscheidungen möglichst
vermeiden zu helfen – indem man im Dialog bleibt.

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