Westdeutsche Zeitung: Umlage würde Energiewende verteuern = von Peter Kurz

RWE-Vorstand Peter Terium wirbt um öffentliche
Unterstützung. Für seinen Appell an die Gesellschaft, dafür zu
bezahlen, dass Stromkapazitäten für wind- und sonnenarme Zeiten
bereitgestellt werden, greift er zum griffigen Vergleich: Auch im
Fußball würden die Leute auf der Ersatzbank bezahlt, obwohl sie nicht
immer spielen.

Hätten wir es mit einem gemeinnützigen Unternehmen zu tun, wäre
ein solches Ansinnen nachvollziehbar. Doch RWE und andere Stromriesen
haben jahrzehntelang in marktbeherrschender Position auch und gerade
mit Atomenergie gutes Geld verdient. Der Vergleich mit dem Fußball
spricht eher gegen die Argumentation des RWE-Chefs. Auch der FC
Bayern bittet nicht darum, dass ihm andere seine starke Ersatzbank
finanzieren. Eine Umlage der Kosten von den Unternehmen, die mit
Strom ihr Geld verdienen, auf die öffentliche Hand würde die
Energiewende um weitere Milliardenlasten verteuern.

Natürlich kam Fukushima auch für RWE überraschend. Aber der
Begriff der Energiewende war auch im Zeitpunkt des Atomunglücks kein
Fremdwort. Schon Jahre vorher hätte man auf erneuerbare Energien mit
dezentralen Strukturen und nicht nur auf Großkraftwerke setzen
können.

Ändert sich an der Sachlage etwas, weil Kommunen 24 Prozent der
RWE-Aktien halten? Das darf nicht sein. Aktien sind Chance und
Risiko. In guten Zeiten haben Städte und andere Aktionäre die Gewinne
gern mitgenommen. Auch jetzt gibt es immer noch eine Dividende.

Im Augenblick scheint die Energiewende nur Verlierer zu haben:
Energieriesen, die Verlust machen und Personal abbauen. Taumelnde
Solarfirmen. Windparkbetreiber und Energietrassenplaner im
politischen Gegenwind. Vom Strompreis gebeutelte Kunden. Auch der
Umwelt ist – abgesehen von der nicht zu unterschätzenden Verminderung
der atomaren Gefahr – bislang kaum geholfen: Die Stromproduktion aus
Braunkohle und der CO2-Ausstoß steigen. Gelingen kann die
Energiewende nur, wenn sie koordiniert angepackt wird. Eine große
Koalition bietet dafür eine solide Handlungsbasis. Energieminister
Sigmar Gabriel ist zwar noch keine 100 Tage im Amt. Doch so langsam
wird es Zeit.

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