Westdeutsche Zeitung: Verfassungsklage gegen NRW-Etat = von Frank Uferkamp

Der Ton im nordrhein-westfälischen Landtag wird
kurz vor Jahresschluss deutlich rauer, mit harten Bandagen bekämpfen
sich Opposition und Regierung. Die „Koalition der Einladung“, mit der
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft um Zustimmung für ihre rot-grüne
Minderheitsregierung auch bei CDU und FDP warb, ist nur noch eine
Worthülse. Die Zeiten stehen auf Sturm, nicht auf Harmonie. Vor allem
bei der CDU ist diese Entwicklung in der Härte ein wenig
überraschend. Während die FDP unter ihrem starken Mann Gerhard Papke
sich schon seit dem Sommer auf eine harte Oppositionsrolle festgelegt
hat, gibt es in der Union keine klare Führungsstruktur. Die
Machtfrage ist auch nach der Wahl von Norbert Röttgen zum neuen
Landeschef nicht endgültig geklärt: Armin Laschet hat als
Fraktionsmanager seinen Laden nur bedingt im Griff, Karl-Josef
Laumann hat eigentlich keine Machtperspektive, und Jürgen Rüttgers
ist dies alles egal – er ist lieber in Rom als im Landtag. Die Klage
ist auch ein Ventil, um internen Druck abzulassen. CDU und FDP
betreten dabei rechtliches Neuland, das Risiko ist aber überschaubar.
Im schlechtesten Fall wird die Klage komplett abgewiesen. Die Folgen
wären verschmerzbar – Niederlagen einer Opposition sind
Tagesgeschäft. Aber das ist nicht wahrscheinlich. Denn die Klage hat
in ihrer Begründung Substanz. Es ist unredlich, wenn die gleiche
Landesregierung ein stabiles Wachstum für dieses Jahr und auch für
das kommende vorhersagt, dann aber eine Rekordverschuldung mit dem
Hinweis auf massiv gestörte Rahmendaten begründet. Das passt nicht
zusammen, die Richter aus Münster haben schon anderen SPD-, aber auch
CDU-Finanzministern ins Stammbuch geschrieben, was sie von solchen
Tricksereien halten. Doch das heißt nicht, dass die Richter den
Etatvollzug tatsächlich sofort stoppen. Einen Präzedenzfall gibt es
nicht, die Etat-Hoheit ist das vornehmste Recht des Parlaments. Hätte
die Klage aber Erfolg, wäre nicht nur die Blamage für die Regierung
riesig: Ein solcher Fall würde auch ihrer Seriosität einen tödlichen
Schlag verpassen. Doch eines bedeutet das nicht: rasche Neuwahlen.
Das betonen auch CDU und FDP. Sie setzen gleichwohl auf Sieg – aber
erstmal nur im Gerichtssaal.

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