Ausgerechnet Zypern! Der krisengeschüttelte 
Inselstaat, der für viele als besonders übles Beispiel für jene 
Staaten gilt, die man besser nicht in den Euroraum aufgenommen hätte,
produziert Negativschlagzeilen: Laut einer Studie ist dort die 
Abgabenlast mit weniger als 20 Prozent sensationell niedrig. In 
anderen Krisenländern wie Portugal, Spanien oder Griechenland ist sie
immerhin doppelt so hoch. Was immer noch wenig gegen die Werte in 
Deutschland oder gar bei unseren belgischen Nachbarn ist. Da keimt 
der Verdacht, ob die Krisenstaaten wirklich genug Anstrengungen 
unternehmen, um ihre Probleme in den Griff zu bekommen, statt auf 
Hilfe etwa aus Deutschland zu warten.
   Leider sind solche Fragen nicht einfach zu beantworten. Als vor 
einigen Tagen ein Vergleich kursierte, laut dem Haushalte in Zypern 
viel reicher als in Deutschland sind, war ebenfalls die Empörung 
riesig. Doch diese Rechnung hatte Schwächen, weil zum Beispiel in 
Zypern mehr Menschen als hier in einem Haushalt leben. Zudem wird 
dort für die Altersversorgung häufig privat angespart, bzw. ein 
Häuschen gebaut. In Deutschland hingegen erwerben die meisten 
weiterhin wichtige Ansprüche aus ihrer gesetzlichen 
Rentenversicherung, die statistisch nicht als Vermögen zählen. Somit 
wird das Bild verzerrt. Man darf deshalb Länder wie Zypern nicht 
vorschnell verurteilen.
   Die gestern bekannt gewordene Studie lädt allerdings weniger zum 
Relativieren ein. Prozentuale Belastung aus Lohn- oder Mehrwertsteuer
sind eindeutige Werte. Auch wenn die Studie von einer konservativen 
Stiftung stammt, darf man davon ausgehen, dass zumindest die Zahlen 
nicht politisch gefärbt sind.
   Die sich derzeit häufenden kritischen Beurteilungen der 
Krisenländer führen dazu, dass in Deutschland und anderen 
wirtschaftlich starken Ländern bei der Bevölkerung die Meinung 
wächst, der Euro sei zu rasch an zu viele dafür nicht reife Staaten 
gegeben worden. Speziell im deutschen Bundestagswahlkampf wird das 
euro-kritischen Bewerbern Auftrieb geben. Doch auch wenn die hastige 
Verbreitung der Währung ein Fehler gewesen sein mag: Eine völlige 
Kehrtwende würde unkalkulierbare Risiken bergen. Eine Ausscheiden 
einiger Krisenländer hingegen ist eine prüfenswerte Option.
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