Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Die 
Vereinten Nationen werden heute 70. Da darf man schon mal ein wenig 
auf die Schulter klopfen. Dabei ist nicht alles gut gelaufen mit der 
am 26. Juni 1945 in einen Vertrag gegossenen guten Idee von der 
großen Völkerfamilie. Als die Welt in Scherben lag, war die Schaffung
eines Zusammenschlusses aller (heute 193) Staaten alternativlos. 
Dennoch halten nicht nur Pessimisten die vier Hauptziele der 
Organisation für verfehlt: Weltfrieden, Völkerrecht, Menschenrechte, 
internationale Zusammenarbeit. Denn: Derzeit toben so viele Kriege 
wie lange nicht mehr, ganze Völker sind entrechtet, Grundrechte einer
Mehrheit der Menschheit werden mit Füßen getreten und Sanktionen, 
Abschottung sowie Bespitzelung sind an der Tagesordnung. Tatsächlich 
sind die Vereinten Nationen erst auf ihren weiteren 
Betätigungsfeldern wirklich zu beglückwünschen – als Weltsozialamt. 
Es sind die UN-Hilfswerke für Flüchtlinge, Kinder, Hungernde und 
Kranke, die die gute und erfolgreiche Seite dieser Organisation 
prägen. Deshalb sind die UN seit 2005 zu Recht Träger des 
Friedensnobelpreises. Der Weltsicherheitsrat ist dringend 
reformbedürftig. Er war während des Kalten Krieges eine Enttäuschung 
und danach unter den Bedingungen einer multipolaren Weltordnung kaum 
besser. Allerdings: Einen wirklich funktionierenden Vorschlag für 
eine andere und effektivere Zusammensetzung gibt es nicht, weil die 
fünf ständigen Vetomächte das Gremium derzeit nach Belieben kalt 
stellen können. Außerdem: Die USA entziehen sich ihrer Rolle als 
Hauptfinanzier zu gern, um andere Mitgliedsstaaten in ihrem Sinne zu 
erziehen. Das löst prompt Trotzreaktionen aus und produziert noch 
mehr Frust. Als unglücklich erweist sich auch die hehre Idee, jedes 
Land, ob Riese oder Zwerg, mit einer Stimme zu beteiligen. Zuletzt 
deutlich geworden ist das am Beispiel einer Organisation, die der UN 
gar nicht angehört, nämlich des Weltfußballverbandes Fifa. Auch in 
der UN-Vollversammlung sitzen zu viele Typen vom Schlage eines Sepp 
Blatter. Korrumpierbar und ohne Sinn für die gemeinsame Sache. Das 
liegt wiederum daran, dass die Masse der Länder dieser Welt eben 
nicht demokratisch geführt wird. Die Idee des Guten ist von zu vielen
schlechten Charakteren abhängig. Mehr Wir und weniger Ich hat kaum 
eine Chance. Dennoch gibt es keine Alternative zu den Vereinten 
Nationen. Das Jubiläum sollte Anlass sein, ernsthafter die Reform 
aller Gremien anzugehen. Die UN ist eine Weltvertretung. Sie muss 
noch stärker die globalen Probleme wie das menschengetriebene Klima, 
immer noch unheilbare Krankheiten und das anhaltende Unrecht in den 
Blick nehmen. Das wäre ein Grund zu feiern.
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Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
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