Mit volkskammerverdächtigen 97,4 Prozent hat
die nordrhein-westfälische CDU Armin Laschet zum Spitzenkandidaten
für die Landtagswahl gekürt. Ein Ergebnis, das viel über die Arbeit
des 55-Jährigen im Landesverband aussagt, aber nichts über seine
Chancen auf den Wahlsieg am 14. Mai 2017. Armin Laschet hat die
Trümmer beiseite geräumt, die das Röttgen-Debakel 2012 hinterlassen
hatte. Der Aachener ist in den vergangenen vier Jahren beinahe
unermüdlich in NRW unterwegs gewesen, um der CDU eine neue Basis zu
geben. Das war und ist alles andere als leicht – gerade im
Bindestrichland. Auch der Rheinländer Laschet konnte erst richtig
loslegen, als der Westfale Karl-Josef Laumann in Richtung Berlin
entschwunden war. Die Parteiseele zu pflegen genügt aber ab sofort
nicht mehr. Jetzt zählt die Attacke auf SPD-Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft und ihre rot-grüne Landesregierung. Fragt sich: Kann
Laschet das? Zweifel sind angebracht, nicht ohne Grund gilt FDP-Chef
Christian Lindner vielen als der eigentliche Oppositionsführer im
Landtag. Laschet ist also doppelt unter Druck. Er muss angreifen und
will das offenbar auch tun – nimmt man seinen Auftritt vom
Wochenende zum Maßstab. Doch am Ende müssen ihm die Menschen auf der
Straße die Veränderung in der Tonlage abnehmen. Bisher ist Laschet
nicht als Lautsprecher aufgefallen, Programm kommt bei ihm immer noch
vor Pointe. Nun muss er eine Wechselstimmung im Land erzeugen, von
der bisher jede Spur fehlt. Dabei ist es nicht so, dass es an
Rot-Grün nichts auszusetzen gäbe. Bei vielen Wirtschaftsdaten
rangiert NRW weit hinten im Ranking der Bundesländer. Zudem
entwickelt sich die Schulpolitik immer mehr zur offenen Flanke. Und
schließlich ist da das Megathema Innere Sicherheit, zu dem NRW mit
der Kölner Silvesternacht geradezu ein Fanal geliefert hat. Hinzu
kommt, dass die Ministerpräsidentin zuletzt alles andere als
souverän wirkte. Hannelore Kraft gab sich merkwürdig uninspiriert und
wenig ehrgeizig. Vor allem jedoch zeigt sie sich überaus besorgt,
was die weitere Entwicklung der Gesellschaft angeht. Der Landesmutter
scheinen Optimismus und Zuversicht abhanden gekommen zu sein.
Dennoch ist sie immer noch deutlich beliebter als Laschet – im
direkten Vergleich wäre der Herausforderer ohne Chance. Auch das
schränkt Laschets Optionen ein. Eine reine Negativkampagne gegen
Hannelore Kraft wird ihm nicht reichen. Was würde unter einem
Ministerpräsidenten Armin Laschet besser werden für die Menschen in
NRW? Auf diese Frage muss die CDU eine überzeugende Antwort
finden. Nur dann kann Armin Laschet seine beiden wichtigsten
Wahlziele erreichen – nämlich, dass die CDU stärkste Fraktion wird
und dass gegen sie keine neue Regierung gebildet werden kann.
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