Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu den Koalitionsverhandlungen in NRW

Fast geräuschlos haben gestern die
Koalitionsverhandlungen in Düsseldorf begonnen. In drei Wochen soll
der Fahrplan für fünf Jahre Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen stehen.
Am 20. Juni will sich Hannelore Kraft (SPD) – diesmal ohne Duldung
der Linken – von Rot-Grün zur Ministerpräsidentin wählen lassen, am
Tag darauf soll das neue und vermutlich kaum veränderte Kabinett
stehen. Die satte Mehrheit aus 128 von 237 Mandaten macht–s möglich.
Die versprochenen stabilen Verhältnisse bis 2017 sind wahrscheinlich.
Gut so, für das Land. Dennoch sind die alten Probleme auch die neuen.
Die prekäre Finanzlage ist durch die Wahlen nicht besser geworden.
Die Kommunen kommen vorne und hinten nicht klar. In Düsseldorf sind
bislang ernsthafte Sparabsichten nicht zu erkennen. Die Zeit drängt.
Schließlich steht das Land seit dem Scheitern der alten
Minderheitsregierung am 14. März unter vorläufiger Haushaltsführung.
Außerdem kann und will sich das Duo Kraft/Löhrmann nicht noch eine
Niederlage vor dem Verfassungsgericht wegen fehlerhafter
Haushaltsplanung einfangen. Die nächsten Tage werden zeigen,
inwieweit die Grünen, die sich im Wahlkampf immerhin mit
Sparvorschlägen aus der Deckung trauten, sich gegenüber der immer
noch ausgabefreudigen SPD durchsetzen. Die Verhandler können sofort
zur Sache kommen, sie müssen sich nicht aufhalten mit langwierigen
Sondierungen, wie noch vor zwei Jahren. Eines der wenigen präzise
erklärten Ziele lautet, eine Milliarde Euro einzusparen. Exakt dieser
Betrag müsse aufgetrieben werden, um Risiken der West-LB zum 30. Juni
abzudecken, heißt es bei Rot-Grün. Wer an dieser Stelle stutzt, hat
richtig gelesen. Ja, es geht um genau jene Milliarde, die CDU und FDP
im alten Landtag vehement angemahnt haben. Stets wollte die
Landesregierung davon nichts wissen. Im gescheiterten Etat 2012 kam
dieser Milliarden-Posten gar nicht vor. Wer jetzt erneut stutzt und
unwillkürlich an die für ungültig erklärte Kommunalwahl in Dortmund
denkt, liegt wiederum richtig. Auch dort wurde ein Haushaltsloch erst
am Tag nach der Wahl eingeräumt. Weitgehend konfliktfrei dürfte das
Kapitel Schule im Koalitionsvertrag aufgesetzt werden. Hier gilt der
mit der CDU ausgehandelte Konsens weitere zehn Jahre. Die
Klimapolitik ist da schon heikler. Die SPD will mindestens vier im
Bau befindliche konventionelle Kraftwerke durchsetzen, die Grünen
träumen immer noch vom Dauerstopp für das schlüsselfertige und eine
Milliarde Euro teure Kohlekraftwerk in Datteln. Ostwestfalen wird mit
Spannung auf die Formulierungen zum Nationalpark achten. Minister
Johannes Remmel (Grüne) will jetzt mit aller Macht durchziehen, die
lippische SPD steht dagegen zu ihrem Wahlversprechen einer
Bürgerbefragung. Mal sehen, was regionale Wünsche wert sind…

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