Fliehen oder schweigen? Etwas anderes bleibe
Chinas Künstlern nicht, sagt Gao Xingjian, der 2000 den
Literaturnobelpreis bekam. Gao wählte die Flucht. Jetzt hat der
Literaturnobelpreisträger von 2012 geredet. Und falls Gao recht hat,
kann Mo Yan nichts Substantielles gegen Peking gesagt haben, sonst
hätte man ihn ja gestoppt. Europas Problem besteht darin, dass von
außen die Vorgänge in Chinas KP kaum zu durchschauen sind. Zwar
fordert Mo, den inhaftierten Liu Xiaobo, den Friedensnobelpreisträger
von 2010, freizulassen, doch wie mutig ist dieser Vorstoß? Stellt
sich Mo damit gegen die Machtelite? Oder bereiten die Machthaber
womöglich längst Lius Entlassung vor? Der propagandistische Effekt
wäre ja gewaltig: Es sieht dann so aus, als bräuchte ein Künstler nur
zu reden – schon müsste die Politik ihm folgen. China ein Paradies
für Unangepasste? Wohl kaum. Mos Rede war ein Schauspiel, das den
Westen entzücken sollte, aber ohne demokratische Substanz. Eine
Nebelkerze. Sobald sich der Rauch verzogen hat, taucht aus den
Schwaden wieder der totalitäre Drache auf.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261
Weitere Informationen unter:
http://