Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Thomas Middelhoff

Topmanager stürzt ab und muss kurz vor dem
Rentenalter als Hilfskraft in einem Betrieb für Behinderte arbeiten:
Das ist der Stoff, aus dem ganz große Dramen geschrieben werden. Und
wirklich gibt es schon mehrere Romane und Biographien über Thomas
Middelhoff. Aktuell plant TV-Produzent Michael Souvignier sogar den
ersten Spielfilm. Doch anders, als zu erwarten, hält sich das Mitleid
in der Öffentlichkeit in Grenzen. Den Grund liefert Middelhoff
selbst. Zu viele haben bei Karstadt trotz Verzichts auf tarifliche
Leistungen später ihren Job verloren. Zu sehr hat er sich in der
Zeit, als er Verantwortung trug, von der Basis entfernt. Die teuren
Flüge von Essen nach Bielefeld, die Luxusvilla an der Côte d–Azur,
die Milliardenspekulationen nicht nur mit eigenem, sondern auch
fremder Leute Geld: Das Alles ist nicht vergessen. Dass Middelhoff,
offenbar genesen, nicht (nur) aus sozialem Antrieb den Job in einer
Behindertenwerkstätte antritt, darf man vermuten. Er will von Anfang
an als Freigänger eingestuft werden. Das ist legitim. Das tun
andere verurteilte Straftäter auch. Ob er aber Erfolg hat, ist
keineswegs sicher. Denn bei der Justiz, die das entscheidet, ist er
mit seinen Mätzchen schon böse aufgefallen. Das relativ harte
Urteil könnte auch durch solche Uneinsichtigkeit begründet sein.

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