Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Euro-Gipfel

Der Euro ist zum Glück nicht gescheitert, aber
die erhoffte große Lösung mit Beteiligung der Briten ausgeblieben.
Und obwohl die Bundeskanzlerin bis auf das Nein des britischen
Premierministers David Cameron mit dem Ergebnis des Gipfel in Brüssel
durchaus zufrieden sein kann, wird das Zittern um den Euro
weitergehen – wahrscheinlich noch über Jahre.

Das liegt unter anderem daran, dass die 17 Staaten mit Eurowährung
und die neun Nicht-Euro-Länder bislang nur eine Absichtserklärung zu
mehr Haushaltsdisziplin in Aussicht gestellt haben. Schuldenbremse,
größerer Rettungsschirm, schärfere Haushaltsregeln hören sich auf den
ersten Blick gut an. Doch die Frage lautet, ob und wie dieser Pakt in
den Ländern umgesetzt wird. Rechtsexperten müssen erst noch klären,
wie die vereinbarten Verpflichtungen genau vertraglich verankert
werden. Hier steckt der Teufel im Detail – nicht nur aufgrund der
Tatsache, dass die Bestimmungen den Regeln der EU-Verträge nicht
widersprechen dürfen. Ob die Parlamente dem Plan von Brüssel am Ende
zustimmen werden, ist ungewiss. Unklar ist auch, welche Strafen auf
Länder zukommen, die die Schuldenbremse nicht einhalten.

Der Euro-Vertrag – so er denn zustande kommt – wird dafür sorgen,
dass die Schulden der beteiligten Länder nicht noch weiter exorbitant
steigen. Doch viel zu wenig wird darüber gesprochen, welche längst
erforderlichen Sparmaßnahmen und welche Wege zu mehr
Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum erfolgen werden müssen, damit die
hochverschuldeten Länder wieder auf die Beine kommen. Hier haben die
Politiker aus Angst vor Unruhen wie zuletzt in Griechenland, aber
auch aufgrund ihres eigenen Machtverlustes noch immer zu wenig Mut.
Bis März soll der neue Vertrag stehen. Aber was passiert, wenn der
Euro bis dahin wieder in Turbulenzen gerät, Ländern die
Zahlungsunfähigkeit droht oder Ratingagenturen erneut Herabstufungen
vornehmen?

Dieser Gipfel war nur ein kleiner Schritt in Richtung einer
Fiskalunion. Von einem echten Pakt mit einer einheitlichen
europäischen Wirtschafts- und Finanzpolitik sind die Euro-Länder noch
meilenweit entfernt.

Der Gipfel zeigt aber auch, dass die Euro-Rettung nicht mit einem
einzigen Paukenschlag zu haben ist. Es sind noch viele Maßnahmen und
Gipfel erforderlich. Zur dauerhaften Gesundung wird es noch Jahre
dauern.

Großbritanniens Außenminister William Hague sieht sein Land nach
der Spaltung beim Gipfel nicht isoliert. Wenn er sich da mal nicht
irrt. Großbritannien ist vom Euro genauso abhängig wie andere Länder.
Und Deutschland aufgrund der Exportabhängigkeit sowieso. Angela
Merkel hat die Verabredungen des Gipfel als einen großen Schritt hin
zur Fiskalunion gewertet. Das stimmt zwar. Aber richtig ist auch,
dass dieser Schritt nur ein erster ist, dem viele weitere folgen
müssen.

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Andreas Kolesch
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