Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Fall Ariane Friedrich

Mit dem Outing eines Sex-Unholds auf ihrer
Facebook-Seite hat die Hochspringern und Polizeikommissarin Ariane
Friedrich der Kommunikationskultur im Internet keinen Gefallen getan.
Worum geht–s? Darum, wie sich Menschen gegen anstößige Fotos und
Texte, die sie per Mail erhalten, wehren – wehren dürfen, wehren
sollten. Ariane Friedrich hatte, wie sie auf ihrer Facebook-Seite
schreibt, eine solche Mail erhalten. Die angehängte Datei öffnete sie
nicht, den Text veröffentlichte sie am 16. April bei Facebook – und
nannte zugleich den Namen und den Wohnort des Mannes. Von diesem
Moment an wurde aus der Angelegenheit zwischen ihr, dem Absender und
der Polizei, der sie eine Anzeige ankündigte, eine
Massenangelegenheit. 8534 Facebook-Nutzer signalisierten bis gestern
Abend ihre Zustimmung, indem sie dem Beitrag ein »Gefällt mir« gaben.
313 teilten ihn. 1885 Kommentare folgten – zustimmende und
ablehnende. Es gebe einfach einen Punkt, an dem Schluss sei, schrieb
Ariane Friedrich fünf Tage später auf ihrer Facebook-Seite. Eine
Anzeige zu stellen, sei natürlich immer der richtige Weg. »Ich bin
allerdings nicht mehr bereit, mich doppelt zum Opfer zu machen und
stets zu schweigen.« Sie wolle Stärke beweisen für alle jene, die »im
Stillen durch Perverse belästigt werden«, sie wolle »mit gutem
Beispiel vorangehen«. Das ist sie leider nicht. Leider, leider nicht.
Denn menschlich ist ihr Verhalten so nachvollziehbar. Dass sie ein
Zeichen setzen, sich wehren will – absolut verständlich. Nur: Der
Weg, den sie über Facebook gewählt hat, war für einen schnellen
Frustabbau sicherlich der richtige, aber der falsche, wenn es darum
geht zu zeigen, wie man sich im Internet benimmt. Ein offener
Kommunikationsraum, wie es das Netz idealerweise sein sollte, lebt
von Menschen, die verantwortungsbewusst mit ihm umgehen. Die also
nicht hetzen, beleidigen, diskriminieren, die keine anrüchigen Texte
und Fotos posten, selbst wenn sie diese erhalten haben. So wie man
von anderen behandelt werden möchte, sollte man sich verhalten. Das
ist ein moralischer Leitsatz fürs Leben, er sollte damit auch für das
Verhalten im Internet gelten. Ariane Friedrich hat das Netz als
Pranger genutzt. Das ist nicht in Ordnung, da Menschen innerhalb von
Minuten so mobilisiert werden können, dass aus dem Anprangern eine
Hetzjagd wird. Wie schnell sich die Masse auf einen Menschen
einschießen kann, hat der Fall der getöteten Lena gezeigt. Allein
deshalb ist es absolut verantwortungslos, Namen und Wohnort eines
Menschen zu nennen, wenn dieser es nicht ausdrücklich erlaubt hat.
Die Beschreibung desjenigen, gegen den sich Ariane Friedrich wehrt,
trifft zudem nicht nur auf einen einzigen Mann zu. Das heißt:
Unschuldige können verdächtigt werden. Auch wenn es sich um ein
Bibelzitat handelt, ist »Auge um Auge, Zahn um Zahn« immer im Leben
die falsche Devise.

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