Nun sind w i r also nicht nur Papst, sondern
auch Friedensnobelpreis. Herzlichen Glückwunsch allen 500 Millionen
Einwohnern der mittlerweile 27 EU-Staaten! Und man möchte noch
hinzufügen: Freuen wir uns, dass wir in Europa friedlich
zusammenleben – und das nach zwei verheerenden Kriegen mit zusammen
mehr als 80 Millionen Todesopfern! Sorgen wir gemeinsam dafür, dass
dies immer so bleibt! Ausgerechnet also die EU. Das Bündnis, das uns
den Teuro gebracht hat und uns Deutsche vor lauter Schuldenmacherei
anderer Staaten mit hinunter zieht. Ausgerechnet die EU, in deren
Mitgliedsstaaten unsere Bundeskanzlerin mit Hakenkreuz-Symbolen und
Hitler-Vergleichen verunglimpft wird. Ausgerechnet diese
krisengeplagte Gemeinschaft, die gekennzeichnet ist von tiefen
wirtschaftlichen Schwierigkeiten und massiven Unruhen, erhält den
Friedensnobelpreis. Womit hat die Europäische Union das nur verdient?
Die Auszeichnung ist richtig, die Botschaft kommt goldrichtig. Sie
würdigt fast 60 Jahre Freiheit, Demokratie und Menschlichkeit. Das
ist unendlich viel mehr als Rettungsschirme, wie Wolfgang Schäuble
(CDU) sagt. Danke, Oslo. Nur die Älteren unter uns können beurteilen,
was Krieg bedeutet. Wenn Kinder in den Armen ihrer Mütter aufhören zu
atmen, zerfetzt von Bomben oder Kugeln. Wenn Menschen sterben müssen,
weil sie nichts zu essen haben. Wenn der Aufbau aus Trümmern erfolgt.
Wir Jüngeren können das nicht einschätzen, denn wir leben in einem
Schlaraffenland. Für uns ist Frieden selbstverständlich. Das Bewahren
dieses hohen Gutes, das wir vor allem Robert Schumann, Jean Monnet,
Konrad Adenauer und Helmut Kohl, in gewisser Weise auch Angela Merkel
zu verdanken haben, ist gewürdigt worden. Die Mitwirkenden am
friedlichen Europa sind 500 Millionen Menschen – gestern, heute und
morgen. Das Komitee folgte Alfred Nobel, der in seinem Testament
verfügt hatte, diese Ehre auch Menschen zuteil werden zu lassen, die
an einem laufenden Friedensprozess beteiligt sind. Die Auszeichnung
ist Ehre und Verpflichtung zugleich. Der Nobelpreis nimmt uns
Europäer in die Pflicht, Frieden zu erhalten – und auch dafür zu
kämpfen, wenn es sein muss. Das Komitee hat uns vor Augen geführt,
was wichtig im Leben ist und was nicht. Daran können wir uns
erinnern, wenn wir zum Beispiel schimpfen, dass es die D-Mark nicht
mehr gibt. Solche Sorgen hätten die Menschen zu Kriegszeiten gerne
gehabt. Der Friedensnobelpreis darf aber kein Freifahrtschein für
alles sein. Vielmehr ist er Ansporn, Europa weiter zu entwickeln,
damit die Menschen immer in Frieden leben können. Europa weiter zu
entwickeln heißt auch, die Staatsschuldenkrise zu meistern. Am Montag
treffen sich die EU-Außenminister zum nächsten Gipfel. Die
Friedensnobelpreisträger sind in der Pflicht. Wer den Krieg besiegt,
kann auch den Euro retten.
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Andreas Kolesch
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