Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Kosovo

Die Unabhängigkeit des Kosovo ist unvollkommen.
Auch wenn die internationale Aufsichtsbehörde Ico aufgelöst wird,
kann der Kosovo nicht auf eigenen Beinen stehen. Die internationale
Schutztruppe Kfor und die EU-Rechtsstaatlichkeitsmission Eulex
bleiben auf dem Balkan. Das ist Symbol genug für die unsichere Lage
im Kosovo. In den vergangenen Monaten gab es vier Anschläge – einen
auf EU-Vertreter. 500 zusätzliche deutsche Soldaten – kürzlich 100
aus Höxter – wurden vor Ort stationiert. Wenn die Kosovaren jetzt
ihre Unabhängigkeit feiern, darf das nicht darüber hinwegtäuschen,
dass die Konfrontationslinie zwischen Kosovo und Serbien weiter
besteht. Serbien und die serbisch-kosovarische Enklave im Nordkosovo
akzeptieren die Souveränität des zweitjüngsten Staates der Welt
nicht. Die Mehrheit im Kosovo ist albanisch geprägt. Die Achtung der
Grenzen unterzeichnete Serbien zwar. Der gute Wille existiert aber
nur auf dem Papier. Politisch spitzt sich die Lage zu. Die neue
serbische Regierung ist nationalistischer denn je. Im Kosovo
verhasste Pro-Milosevic-Kräfte haben sich in Führungspositionen
eingenistet. Serbien erkennt den Kosovo nicht an. Das könnte dem
Balkanland egal sein, wäre da nicht die Minderheit der Serben, die im
Nordkosovo lebt und von Belgrad gesteuert wird. Polizei und Militär
werden von Serbien finanziert, damit sie sich dem albanisch
dominierten Süden widersetzen. Sie errichten Straßensperren, begegnen
internationalen Soldaten mit Gewalt. Die kosovarische
Sicherheitseinheit wird dem ohne UN-Hilfe nicht Herr. Serbien nutzt
den Kosovo, um von Defiziten im eigenen Land abzulenken. Eine
Strategie, die bereits mit Bosnien und Montenegro durchexerziert
wurde. Serbien tut alles, um eine Mitgliedschaft des Kosovo in den
Vereinten Nationen zu verhindern. Das Ausland sieht ratlos zu. Zwar
hat sich die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton in die Gespräche
zwischen Serbien und Kosovo eingeschaltet. Beide Seiten machen es ihr
allerdings nicht leicht. Serbien weiß Russland als starken Kritiker
einer UN-Mitgliedschaft an seiner Seite. Der Kosovo schürt
Aggressionen, indem er eine Vereinigung mit Albanien beschwört.
Ashtons Einsatz muss ein Ziel haben: Es gilt, den Druck auf Serbien
zu erhöhen und sich nicht mit Lippenbekenntnissen abspeisen zu
lassen. Dabei geht es weniger um die Unterstützung einer
UN-Mitgliedschaft. Dazu ist der Kosovo ohnehin noch nicht reif.
Korruption und ein anfälliges Rechtssystem stehen dem im Weg. Serbien
muss aber die Unabhängigkeit anerkennen und gelenkte Straßenblockaden
unterbinden. Das ist der erste Schritt von unvollendeter
Unabhängigkeit zu wahrer Souveränität. Ohne Brüssel wird er nicht
gelingen. Die richtige Richtung hat die EU eingeschlagen: keine
Mitgliedschaft Serbiens, solange die europäische Problemzone Kosovo
existiert. Dieser Weg muss nur noch konsequent durchgehalten werden.

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