Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Sudan

Der Sudan ist ein gequältes Land. Bürgerkriege,
Hungersnöte, Armut, Seuchen und Überschwemmungen quälen diesen
unglücklichen afrikanischen Staat seit langem. Der grausame Konflikt
zwischen den muslimischarabischen Nordsudanesen und den
christlich-afrikanischen Südsudanesen hat die »Mischnation«
ausgelaugt. Denn der Sudan ist ein künstliches Gebilde: Seitdem die
Engländer im 19. Jahrhundert seine Grenzen willkürlich gezogen haben,
leben Schwarzafrikaner und Araber zwangsweise zusammen. Das geht
nicht ohne schwere Konflikte. Nun hofft der Süden auf bessere Zeiten.
Der neue Staat Südsudan soll Stabilität, Wohlstand und Frieden
bringen. Die Voraussetzungen sind günstig: Ein starker politischer
Einigungswille, ergiebige Erdölressourcen und viel internationale
Unterstützung verheißen eine gute Zukunft. Das ist eine erfreuliche
Nachricht vom kranken Kontinent Afrika. Doch der Südsudan entsteht
praktisch aus dem Nichts. Da es an Straßen, Schulen, Krankenhäusern
und Arbeitsplätzen fehlt, muss der Westen helfen. Das neue Land
braucht aktive Unterstützung, politische Beratung und
Wirtschaftshilfe. Allein wird es dem neuen Staat nicht gelingen,
seine ökonomische, politische und kulturelle Unabhängigkeit zu
behaupten. Die USA und die EU haben die geostrategische Bedeutung des
Südsudans erkannt: Während der Nordsudan, Somalia oder der Jemen
unter islamistischem Einfluss stehen, kann der Südsudan in eine
pro-westliche Allianz eingebunden werden. Kenia, Uganda, Äthiopien
und der Südsudan können einen Puffer gegen die Ausbreitung des
Islamismus bilden. Die Entwicklungshilfe für den Südsudan dient somit
auch eigenen Interessen: Während sie den jungen afrikanischen Staat
unterstützt, leistet sie einen sinnvollen Beitrag im Kampf gegen den
Terrorismus. Und sie hilft, die chinesische Wirtschaftsoffensive in
Afrika einzudämmen. Denn die Chinesen haben ihre wirtschaftlichen
Aktivitäten im Sudan inzwischen beachtlich gesteigert. All dies
erklärt, warum die USA und die EU bei der Staatsgründung des
Südsudans zusammenarbeiten. Den Amerikanern ist es durch
diplomatischen Druck gelungen, dem Norden die Duldung des Referendums
über die südsudanesische Unabhängigkeit abzuringen. Präsident Barack
Obama spricht von einem »neuen Kapitel in der sudanesischen
Geschichte« und versichert dem Süden seine Unterstützung und
Freundschaft. Und er verspricht dem Norden, entsprechendes
Wohlverhalten diplomatisch und wirtschaftlich zu belohnen. Das
bezieht sich auch auf den weiterhin ungelösten Konflikt in Darfur.
Amerika und Europa sind diplomatisch und moralisch verpflichtet, die
afrikanische Neugründung zu unterstützen. Der Westen muss das Elend
mildern und helfen, diesen Teil Afrikas in eine bessere Zukunft zu
führen. Zum Glück haben Washington und Brüssel dies erkannt.

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