Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Benzinpreise

Kurz vor Beginn der Osterreisewelle wandern die
Blicke der Autofahrer besonders häufig zu den Preisanzeigen der
Tankstellen. Die Angaben dort wechseln aber inzwischen fast so
schnell wie an einem Spielautomaten. Dabei geht es oft so rasant hoch
oder runter, dass selbst der Tankwart den Überblick verlieren könnte,
würden die Änderungen nicht computergesteuert von der Zentrale in
Kasse und Anzeigetafeln vorgenommen. Nur gut deshalb, dass die
Täfelchen nicht mehr wie einst per Hand umgehängt werden müssen. Aber
auch die Preissprünge haben mittlerweile unfassbare Dimensionen
angenommen. Bis zu zwölf Cent auf einen Schlag sind keine Seltenheit
mehr. Die Konzerne begründen die extrem häufigen und auch drastischen
Schwankungen mit einem harten Kampf um kleine Gewinne. Schließlich
blieben den Konzernen pro Liter verkauftem Treibstoff nur Erlöse im
niedrigen Centbereich. Das mag ebenso stimmen wie die
Konkurrenzsituation. Angesichts der Ergebnisse von Shell und des
BP-Konzerns (Aral) im vergangenen Jahr klingt die Begründung aber
geradezu abstrus. Schließlich fuhren die beiden Öl-Multis Gewinne in
Höhe von 31 Milliarden beziehungsweise knapp 24 Milliarden Dollar
ein. Es ist schon bezeichnend, dass generell vor langen Wochenenden
oder zu Beginn und am Ende der Urlaubszeiten die Preise kräftig
anziehen. Wer mit dem Auto verreisen will, benötigt halt einen vollen
Tank. Und auch die vom ADAC nun angeprangerten hohen Preise in den
Morgenstunden haben durchaus System. Vor allem Vielfahrer fahren zu
Tagesbeginn noch einmal an die Zapfsäule. Verlassen kann man sich
darauf auf Dauer jedoch nicht. Die Ölkonzerne sorgen mit ihrem
Verwirrspiel der Preise dafür, dass es fast unmöglich wird, sich auf
Preistrends einzustellen. Auch die Vergleichbarkeit zwischen
einzelnen Anbietern und unterschiedlichen Standorten fällt immer
schwerer. Zu begrüßen ist deshalb auf alle Fälle die Initiative
einiger Bundesländer, nach der in Zukunft – wie in Österreich bereits
praktiziert – die Preise an den Tankstellen nur noch einmal pro Tag
verändert werden dürfen. Die vorgesehenen Kurse müssten dann am Tag
zuvor bekannt gegeben werden. Eine solche Regelung würde auf alle
Fälle für mehr Ruhe und Übersicht sorgen. Niemand aber sollte darauf
hoffen, dass mit einer solchen Praxis Benzin oder Diesel in Zukunft
günstiger zu haben sind. Die Preise werden auch in Zukunft eher
steigen denn sinken. Der immer lauter werdende Ruf nach einer
Erhöhung der Pendlerpauschale ist deshalb durchaus verständlich.
Gleichwohl liegt darin auch eine Gefahr. Bekommt der Verbraucher ein
paar Cent pro Kilometer mehr vom Staat, blickt er beim Tanken
womöglich nicht mehr ganz so kritisch auf die Preise. Und das
wiederum würde den Öltmultis voll in die Hände spielen.

Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261

Weitere Informationen unter:
http://