Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Dioxin in der Nahrung

Das neue Jahr beginnt unappetitlich: Nachdem mit
Dioxin belastetes Tierfutter bei Geflügelbetrieben in
Nordrhein-Westfalen entdeckt worden war, ist die schädliche
Chemikalie nun auch bei Schweinemästern aufgetaucht. Dioxin im Futter
hat leider Tradition: Im Juli 2004 erwies sich das Pflanzenöl eines
hessischen Futtermittelherstellers als dioxinverseucht, im November
des selben Jahres kam heraus, dass kartoffelverarbeitende Betriebe
ein dioxinhaltiges Tonmineral als Trennmittel eingesetzt hatten. Und
noch ein Beispiel: Im Dezember 2008 warnte das
Bundesverbraucherschutzministerium Lebensmittelhändler vor Fleisch
aus Irland, weil dessen Dioxinwert bis zu 200fach über dem zulässigen
Wert liege. Dioxin kann die Entstehung von Krebs begünstigen, die
Haut schädigen, das Immunsystem und den Hormonhaushalt stören.
Deshalb müssen Bund und Länder alles tun, um die Verbraucher davor zu
schützen. Alle Optionen sind noch nicht genutzt: Zurecht fordert
Foodwatch, dass jede Charge eines Futtermittels auf Dioxin überprüft
wird. Wer Umweltgifte in die Mägen von Tieren und damit später auch
von Menschen bringe, solle umfassend für das Handeln und die Folgen
haften, verlangen die Nahrungsmittelwächter außerdem. Auch diese
Forderung ist berechtigt. Dass die Überwachung nicht lückenlos ist,
gab das nordrhein-westfälische Umweltministerium gestern indirekt zu.
Man werde jetzt verstärkt die Produktionskette überprüfen, verlautete
aus Düsseldorf. Mit der Frage, wie sich dioxin-verseuchte Eier auf
dem Frühstücksteller verhindern lassen, ist untrennbar die Diskussion
über die Art und Weise der Lebensmittelherstellung verbunden. Bilder
mit glücklich lachenden Kühen und Schweinen auf Tiertransportern
sowie nach Hofidylle klingende Namen für Wurstprodukte können nicht
über die Tatsache hinwegtäuschen, dass unser Essen aus einer am
Profit und weniger am Geschmack orientierten Industrie stammt.
Aromastoffe haben im Joghurt längst echte Früchte ersetzt. Mittels
optimierter Futtermittel sollen Geflügel und Schweine schnell
schlachtreif werden. Was alles im Futter landet, was Mischfettsäuren
sind, wissen die wenigsten Verbraucher. Wer hat schon geahnt, dass
Teile dessen, was bei der Erzeugung von Biosprit übrigbleibt, im
Tiermagen landet? Lebensmittel sind in Deutschland im europäischen
Vergleich billig, weil die Bevölkerung angeblich nicht bereit ist,
mehr fürs Essen auszugeben. Das hat einen unerbittlichen Preiskampf
zwischen Futtermittellieferanten, Erzeugern und Händlern zur Folge.
Wenn Discounter A die Preise senkt, zieht Discounter B nach. Eine
Folge des Preiskampfs kann auch sein, dass Futtermittelhersteller
hier und da aus Kostengründen auf Kontrollen verzichten oder Sorgfalt
vermissen lassen, so dass Umweltgifte ins Futter gelangen.
Dioxinskandale werfen ein Schlaglicht auf eine Industrie, in der
offenbar nur schnell und billig zählt.

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Andreas Kolesch
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