Die Sparbombe in Washington ist fast lautlos
explodiert. Der Kongress versuchte erst gar nicht, die Ladung zu
entschärfen. Noch während des Countdowns schickte der republikanische
Sprecher die Abgeordneten unerledigter Dinge nach Hause. Auch die
Seismographen an der Wall Street schlugen kaum aus, als die
automatischen Ausgabenkürzungen von 1,2 Billionen US-Dollar über die
kommenden zehn Jahre in Kraft traten. Angesichts der Aufregung, die
das frühere Ringen um die Fiskalklippe oder die Anhebung der
Neuverschuldungsgrenze ausgelöst hatten, ist das einigermaßen
erstaunlich. Zumal diesmal wirklich etwas passiert. Statt der
üblichen Buchhalter-Tricks streicht der Kongress aus laufenden
Etatpositionen Mittel heraus. Erstmals seit Jahren schrumpft
Washington den Staat zusammen – allerdings auf eine denkbar plumpe
Art. Die Leidtragenden finden sich überall. Von Selbstständigen, die
keine Aufträge aus dem Pentagon mehr erhalten, über die
Staatsbediensteten, die in den Zwangsurlaub geschickt werden, bis hin
zu den Bedürftigen, deren Kinder ihren Vorschulplatz verlieren,
weniger Lehrer haben oder kein Essen auf Rädern mehr erhalten. Nicht
zu vergessen die Reisenden, die vor den Sicherheitsabfertigungen noch
länger Schlange stehen, den Krebsforschern, denen die
Forschungsgelder gestrichen werden, oder den Steuerzahlern, die auf
ihre Rückerstattungen warten müssen. Um keinen falschen Eindruck zu
erwecken: Die mit fast 17 Billionen US-Dollar verschuldete Supermacht
muss sparen. Und es gibt viele Bereiche, die sich dafür anbieten.
Allen voran der aufgeblähte Verteidigungssektor, in dem noch nie
jemand die Bücher ordentlich geprüft hat. Doch so geht es beim besten
Willen nicht. Statt zu gestalten, fechten Weißes Haus und Kongress
ideologische Grabenkämpfe aus. Unfähig dazu, einen Kompromiss zu
finden, blockiert sich das System einmal mehr selbst. Dabei heraus
kommt eine fantasielose Politik mit der Abrissbirne. Kein Wunder,
dass die Amerikaner abstumpfen und abschalten – was die geringe
Beachtung des Haushaltsstreits in der Öffentlichkeit zu einem Teil
erklärt. Der Kongress ist bei den Amerikanern laut jüngsten Umfragen
weniger populär als Gebrauchtwagenhändler, Verkehrsstaus oder
Darmspiegelungen. Der andere Teil des Desinteresses hat mit der
zeitlichen Nähe der Konsequenzen zu tun. Diesmal drohte weder
unmittelbar die Staatspleite noch ein Staatsinfarkt. Die
automatischen Ausgabenkürzungen wirken eher wie ein Langzeitgift. Je
länger Washington nichts tut, das Zwangssparen zu korrigieren, desto
größer werden die Schmerzen. Die stille Detonation der Sparbombe
richtet gewaltigen Schaden an. Das Echo braucht diesmal nur ein wenig
länger. Wenn es zurückkommt dürfte es nicht zu überhören sein.
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