Jeder Haushalt zahlt im kommenden Jahr 70 Euro
mehr, – zugespitzt für die Photovoltaikanlage auf dem Dach seines
Nachbarn. Das ist nicht gut für die Stimmung in Deutschland, schon
gar nicht für die Akzeptanz der Energiewende, die ohne die gewünschte
Abkehr vom Atom- und Kohlestrom in Deutschland nicht gelingen kann.
Vor allem aber ist der europaweit höchste Strompreis sozial
ungerecht. Auch das gestern von Bundesumweltminister Peter Altmaier
(CDU) angekündigte Brainstorming zur gründlichen Überarbeitung des
Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) dreht keine der längst
eingetretenen Fehlentwicklungen zurück. Die stark steigenden
Stromkosten können hierzulande weder von Harz-IV-Empfängern noch von
energieintensiven Betrieben erwirtschaftet werden. Aluminiumhütten
haben die theoretische Möglichkeit, ins Ausland auszuweichen,
Sozialschwache nicht. Ganz klar: Die von Altmaier im Konsens mit
Rot-Grün angestrebte EEG-Reform – vermutlich erst 2014 nach der
Bundestagswahl – wird bestenfalls Kostensteigerungen verringern
helfen. Dazu hat er interessante Hinweise gegeben, die die
Zentralisten und Regelungsfanatiker bei SPD und Grünen begeistern
müssen. Quoten für die verschiedenen Ausbaubereiche sollen es
richten. Planwirtschaft als Kostendeckel. Man höre und staune.
Tatsächlich beklagen in NRW allen voran Ministerpräsidentin Hannelore
Kraft (SPD) und ihr grüner Umweltminister Johannes Remmel Wildwuchs
beim Öko-Ausbau. Selbst im NRW-Koalitionsvertrag wird ein Masterplan
für Deutschland gefordert. Dennoch ging die Landesregierung gestern
reflexartig auf Distanz. Wie im Windhundrennen werden derzeit
Windräder, Photovoltaikanlagen, Stromtrassen und
Pumpspeicherkraftwerke allerorten angestoßen und geplant. Das haben
alle Beteiligten so gewollt. Wer 80 Prozent des Stroms bis 2050 aus
erneuerbaren Energien erzeugen will, müsste an sich von so viel
Enthusiasmus begeistert sein. Warum also neue Regeln, wenn der
Wettbewerb doch funktioniert? Indem Altmaier jetzt die Quote für
Ökostrom kurzfristig bis 2020 auf 40 Prozent hochsetzt, nutzt er
sogar die Investitionsfreude am Markt – und er befeuert ungewollt den
weiteren Preisanstieg. Denn alle Öko-Investitionen werden stimuliert
vom Profit aus den Zwangsabgaben der Verbraucher. Dabei braucht es,
und das wurde gestern nicht ausgesprochen, eine Begrenzung der
Belastungen. Hartz-IV-Empfänger und Großindustrie zeigen, was auf dem
Spiel steht. Altmaier will Ablenkungsmanöver wie Jürgen Trittins
Verweis auf angeblich subventionierte Golfplätze nicht länger
durchgehen lassen. Vielmehr will er eine Art Energiefrieden, ähnlich
dem Schulfrieden in NRW, mit SPD und Grünen aushandeln – und
unterschreiben lassen. Das wäre in der Tat ein großer Fortschritt,
und besser heute als morgen anzustreben.
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