Politiker haben die Pflicht, die Bürger auf
drohende Gefahren hinzuweisen. Deshalb ist es nur folgerichtig, wenn
Arbeitsministerin Ursula von der Leyen vor einer drohenden
Altersarmut kommender Rentnergenerationen warnt. Nach Berechnungen
des Ministeriums droht vielen Ruheständlern der direkte Weg zum
Sozialamt, weil die eigene Rente nicht mehr zum Leben reicht. Das ist
für viele Arbeitnehmer von heute eine Horrorvorstellung. Wer 35 Jahre
lang ununterbrochen in Vollzeit gearbeitet und nicht mehr als 2500
Euro im Monat verdient hat, ist nach dem Jahr 2030 auf die
Grundsicherung angewiesen. Diese Rechnung kommt einer
Bankrotterklärung unseres Rentensystems gleich. Denn heute schaffen
es nicht mehr viele Menschen wie noch unsere Eltern, mehr als 40
Jahre lang in Vollzeit zu arbeiten. Ursula von der Leyen geht ein
Risiko ein, wenn sie ihre politische Zukunft mit der Einführung der
Zuschussrente verknüpft und ihre Argumente mit der drohenden
Altersarmut unterlegen will. Sie hat das Problem erkannt, lässt die
Ursachen aber unverändert. Wer ein Leben lang täglich acht Stunden
arbeitet, muss auch von seiner Rente leben können. Minijobs und
Niedrigstlöhne verhindern das. Daran wagt sich von der Leyen nicht
heran. Stattdessen erfindet sie die Zuschussrente, um armen
Ruheständlern zu helfen. Der Plan hört sich zunächst gut an. Die
Hürden für die Unterstützung sind hoch, die Zuschussrente geht zu
Lasten heutiger Beitragszahler und ist auf das ständige Wohlwollen
des Finanzministers angewiesen. Bei der nächstbesten Krise wird er
die Zuschüsse zusammenstreichen – egal wie er heißt oder welcher
Partei er angehört. Aus der Rentenkasse werden zu viele Wohltaten
bezahlt. Kindererziehung, Wiedervereinigung, Pflegeleistungen – all
das muss anerkannt werden, aber nicht nur von den Beitragszahlern.
Der Staat buttert zwar Milliardenbeiträge als Zuschuss in die
Rentenkassen – die ganzen Quersubventionen sind undurchsichtig und
nicht immer nachzuvollziehen. Vom Topf der Beitragszahler dürften nur
diejenigen profitieren, die ihn gefüllt haben. Auch andere
Ungerechtigkeiten lässt die Sozialministerin unangetastet.
Arbeitnehmern, die jetzt Opfer bringen und in die Riesterrente
einzahlen, wird der Erlös von der Grundrente wieder abgezogen. Wer
eine Kapitallebensversicherung angespart hat, überweist mehr als 15
Prozent der fälligen Summe an die Krankenkasse. Einfach so.
Langzeitarbeitslose von heute kommen im Rentenfall nie auf einen
grünen Zweig – so sehr sie sich auch anstrengen. Bei aller Kritik an
unserem Rentensystem: Sinnvolle Alternativen sind kaum zu finden.
Viele rein kapitalfinanzierte Pensionskassen werden in der Krise
sofort geplündert – ein Blick in die USA genügt. Von der Leyen muss
erkennen, dass Altersarmut ein Thema für alle ist, und nicht für die
Rentenkasse allein. Deshalb hat ihr Plan der Zuschussrente auch keine
Zukunft.
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Andreas Kolesch
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