Christian Wulff musste in seiner Antrittsrede
nicht von der Würde des Amtes und dem Respekt vor der Aufgabe
sprechen – er lebte die Bürde und sogar stille Sorge, etwas falsch zu
machen, vor. Fast unvorstellbar: das seit 30 Jahren in politischer
Rede geübte neue Staatsoberhaupt zeigte Nerven, las vom Blatt ab. Das
Redetempo zu hoch, die Pausen mit dem Bedarf der Zuhörer nach
Beifallsbekundungen nicht abgestimmt. Sympathisch: Da steht ein
Mensch aus Fleisch aus Blut, der die Eidesformel fast verschluckt und
die allerbesten Absichten bekundet. Respekt: Wulff will
zusammenführen und alle, die hier leben, einander näher bringen. Die
neue Generation an der Staatsspitze spricht nicht länger über die
Lebensleistung der Trümmerfrauen und der um ihre Jugend betrogenen
Kriegsteilnehmer. Wulff nimmt den jahrzehntelangen Beitrag eines
Zuwanderers aus der Türkei in den Blick. Außerdem: Horst Köhler hat
geschwiegen. Er verzichtete auf eine Rede und ließ damit seine
bittere Klage über mangelnden Respekt, ausgesprochen in der
Rücktrittserklärung am 31. Mai, noch einmal wirken.
Pressekontakt:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 – 585261