Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Leitzins-Senkung

Mario Draghi geht langsam das Pulver aus. Die
Senkung des Leitzinses von 0,15 auf 0,05 Prozent ist ein letzter
Versuch des Notenbank-Chefs, allein mit Hilfe des Zinshebels die
drohende Deflation in der Eurozone abzuwenden – also jenem
Teufelskreis aus sinkenden Preisen, abnehmender
Investitionsbereitschaft und einem Rückgang der Wirtschaftsleistung.
Ob der Schritt Sinn macht, ist zweifelhaft. Warum soll ein
Unternehmen, das zu den bisher bereits historisch niedrigen Zinsen
keinen Kredit aufnahm, nun seine Haltung ändern. Am Zinssatz dürfte
es jedenfalls nicht liegen. Offenbar sind viele Banken weiterhin
nicht bereit oder in der Lage, gerade kleinere Firmen in
wirtschaftlich schwachen Ländern mit Geld zu versorgen. Wohl aus
diesem Grund greift Draghi zusätzlich zu einer weitaus drastischeren
Maßnahme: der Ankauf von Wertpapieren. Damit wirft die Europäische
Zentralbank die Geldpresse an. Banken werden sich über ihren neuen
Kunden freuen. Wer aber Wertpapiere kauft, kann Verluste erleiden.
Und dafür muss am Ende der Steuerzahler gerade stehen. Draghis
Rettungsversuche werden riskanter.

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