Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Linkspartei

Die Mauer war ein Bollwerk des Friedens und
Fidel Castro ist ein vorbildlicher Staatenlenker. Es ist unglaublich,
welche Geschichtsvergessenheit die Linkspartei offenbart. Kein Wort
darüber, dass die DDR-Führung ihr eigenes Volk fast 30 Jahre lang
eingesperrt, bespitzelt und kaltblütig auf der Flucht erschossen hat,
kein Wort darüber, dass in Kuba noch heute die Menschenrechte Tag für
Tag mit Füßen getreten werden. So unverblümt haben sich die Linken
lange nicht als Erbe der SED präsentiert. Die Partei offenbart ihr
wahres Gesicht, denn es sind nicht etwa nur einfache Mitglieder und
Hinterbänkler, die Geschichtsfälschung betreiben. Nein, es sind die
Vorsitzenden Klaus Ernst und Gesine Lötzsch, die sich eine
Peinlichkeit nach der nächsten leisten. Fraktionschef Gregor Gysi
muss entsetzt sein über so viel politischen Dilettantismus. Und doch
möchte ich rufen: Weiter so, Linkspartei, bitte weiter so! Vielleicht
gelingt Lötzsch und Ernst ja auf diese Weise, was die politischen
Gegner bisher recht erfolglos versucht haben: die Linken so
nachhaltig zu diskreditieren, dass sie endlich dort landen, wo sie
hingehören – in der Bedeutungslosigkeit. Den eigenen Wahlkämpfern in
Berlin und Mecklenburg-Vorpommern jedenfalls kocht schon jetzt das
Blut über. Unfassbar: Der Parteispitze wird sogar vorgeworfen, dass
die Missgriffe Methode haben. Der Richtungsstreit ist in vollem
Gange. Weil Ernst und Lötzsch den Weg in die Zukunft nicht finden,
marschieren sie schnurstracks Richtung Vergangenheit. Zu aktuellen
Problemen wie der Euro-Krise hat die Linkspartei dagegen wenig
Konstruktives beizutragen. Was Wunder, versteht sie sich doch eher
aufs Geldausgeben als aufs Sparen. Man kann nur hoffen, dass die
Wähler aus alldem ihre Konsequenzen ziehen. So viel Dummdreistigkeit
muss bestraft werden. Es wäre schlimm, wenn die Linkspartei in
Mecklenburg-Vorpommern am 4. September mit dem Sprung in die
Regierung belohnt würde und zwei Wochen später in Berlin an der Macht
bleiben könnte. Ausgeschlossen ist das aber keineswegs. Der Zuspruch
für die Linken ist erschreckend stabil. So wächst die Verantwortung
der SPD-Spitzenkandidaten. Ministerpräsident Erwin Sellering und
Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit müssen sich zweimal
überlegen, ob sie neu beziehungsweise weiter mit der Linkspartei
koalieren wollen. Auch die NRW-Landesregierung hat allen Grund,
nachdenklich zu werden. Schließlich führen SPD-Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Die
Grünen) nichts anderes als eine Koalition von Gnaden der Linkspartei.
Überhaupt die Sozialdemokraten: »Wie hältst Du es mit der Linken?«
Noch immer ist diese Gretchenfrage unbeantwortet. Glänzende
Umfragewerte für Rot-Grün haben dies zuletzt kaschiert. Doch
Machtoptionen sind das eine, politische Überzeugungen das andere. Wie
lange also will, wie lange noch kann der sonst so redselige SPD-Chef
Sigmar Gabriel schweigen?

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