Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT zum FDP-Dreikönigstreffen

Ohne Fehler und ohne Begeisterung Von Wilfried
Schnitker Seine Zuhörer im Stuttgarter Opernhaus musste Philipp
Rösler nicht überzeugen. Die 1400 Freunde der Liberalen wollten beim
traditionellen Dreikönigstreffen vom FDP-Vorsitzenden vor allem
hören, auf welchem Kurs er seine Partei aus dem Tief herausführen
will. Mit dem Versprechen »Gemeinsam reißen wir das Steuer herum«
versuchte Rösler, der FDP neue Zuversicht einzuflößen.

Als Rösler gerade Gründe für die Existenzberechtigung der
liberalen Partei aufzählte, versetzte Annegret Kramp-Karrenbauer der
FDP einen Schlag in die liberale Magengrube. Die
CDU-Ministerpräsidentin kündigte das Bündnis mit Grünen und FDP an
der Saar auf, weil ihrer Ansicht nach mit den Liberalen keine
ernsthafte Politik mehr zu machen sei.

Rösler mühte sich redlich. Den Deutschen gehe es so gut wie nie
zuvor – unter dieser Bundesregierung, in der die FDP mitregiere,
lobte Rösler sich und seine Partei. Doch was nutzt den Liberalen die
gute Stimmung, wenn die Partei wie bei den Landtagswahlen im Jahr
2011 untergeht? Rösler weiß, dass es ein »Weiter so« nicht geben
kann. Wohlweislich vermied er die Forderung nach Steuersenkungen. Die
FDP sieht ein, dass zum Verteilen das Geld fehlt.

Stattdessen propagiert Rösler ein Sparprogramm und ruft als Ziel
der FDP ein »schuldenfreies Deutschland« aus. Wirtschaft, Wachstum,
Wohlstand soll das neue liberale Credo lauten. All das ist richtig
und wichtig, aber mit diesem neuen liberalen Dreiklang kann Rösler
keine Jubelstürme auslösen. Und wenn schon die eigenen Parteifreunde
nicht ins Schwärmen geraten, dann wird es für die Parteispitze um so
schwerer, verlorenes Vertrauen vom Wahlvolk zurückzugewinnen.

Vor einem Jahr stand noch Guido Westerwelle am gleichen
Rednerpult, der Erfolge seiner Partei aufzählte, sich Grüne und SPD
vorknöpfte, auch den Koalitionspartner nicht schonte und vor allem
den Liberalen neue Zuversicht einredete. Die Partei stand in Umfragen
bei drei Prozent. Damals waren sich die Liberalen sicher, diese
Westerwelle-Rede sei der Anfang vom Umschwung. Das Ende ist bekannt.

In diesem Jahr stand Rösler vor einer ähnlich großen
Herausforderung. Umfragen sehen die Partei bei zwei Prozent. Auch er
muss den x-ten Neuanfang ausrufen, in Umfragen aufholen und mit
seiner Partei Wahlen gewinnen. In Stuttgart hat Rösler keinen Fehler
gemacht, richtig begeistern konnte er aber auch nicht. In fünf
Monaten wird in Schleswig-Holstein gewählt. Derzeit wird kaum jemand
eine Wette darauf wagen, dass im Mai die FDP noch am Kieler
Kabinettstisch sitzen wird. Das wird für Rösler nicht folgenlos
bleiben.

2013 darf vermutlich Rainer Brüderle zu Dreikönig reden. Als neuer
FDP-Chef.

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