Westfalen-Blatt: Ukraine: Brok sieht Chance zur Vermittlung für EU-Delegation

Der Leiter der EU-Delegation in Kiew, Elmar Brok
(CDU), nennt die Lage in der Ukraine »höchst angespannt«. Seine
Vorgespräche am heutigen Montag und die Sondersitzung des Parlaments
an diesem Dienstag böten die Möglichkeit, »vermittelnd tätig zu
werden und vielleicht einen tragfähigen Kompromiss zu finden«. Das
sagte Brok dem in Bielefeld erscheinenden WESTFALEN-BLATT weiter.

Am Mittwoch und Donnerstag wollen sich Vertreter des Europäischen
Parlaments, EU-Kommissar Stefan Füle und die EU-Außenbeauftragte
Catherine Ashton in Kiew um eine Lösung des Konflikts bemühen. »Wenn
Präsident Viktor Janukowitsch weiter trickst, und auf undemokratische
Gesetze und Gewalt setzt, wird sich Gewalt aufschaukeln«, sagte Brok
als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Europaparlament
weiter. Die politischen Führer der Opposition könnten auf Dauer nur
noch Kontrolle ausüben, wenn sie Erfolge aus den Gesprächen mit der
Regierung mitbrächten, sagte Brok, der sich am Montag mit Vitali
Klitschko abstimmte.

Brok sieht durch die Gewalt zunehmend engere
Verhandlungsspielräume für Präsident Janukowitsch. »Er wird sich
entweder auf stalinistische Art kurzfristig mit viel Blutvergießen
noch durchsetzen können, oder er muss einen anderen Weg öffnen, um
der Ukraine eine politische und wirtschaftliche Zukunft zu bieten«.
Brok glaubt nicht, dass der Präsident mittel- und langfristig noch
eine politische Zukunft hat. »Janukowitsch ist in einer Situation, in
der er den Übergang organisieren kann, um seinen Namen wieder
herzustellen«.

Nach der Art und Weise des Vorgehens gegen die inhaftierte
ehemalige Ministerpräsidentin Julia Timoschenko habe er Angst, selbst
ins Gefängnis zu müssen. Brok: »Angesichts seiner Handlungsweise
befürchtet Janukowitsch, dass man nach einem Machtwechsel mit ihm in
gleicher Weise verfährt. Er denkt in den Kategorien Alles oder
Nichts.«

Solche Zuspitzungen müssten jetzt vermieden werden, sagte Brok,
sonst wäre Janukowitsch noch weniger bereit, einzulenken. Fürden
Präsidenten stünden sowieso schon das Business-Modell seiner Familie
und die Interessen der Oligarchen auf dem Spiel. Diese Leute beuteten
das Land aus und betrachteten es als ihr Privateigentum. Brok: »Jetzt
müssen sie erleben, dass das Volk da nicht mehr mitspielt.«

Zur weiteren Entwicklung in der Ukraine sagte Brok: »Wir erleben
eine vorrevolutionäre Lage. Das kann in solchen Prozessen ungeheuer
schnell gehen, aber es kann auch sein, dass der Staat noch einmal mit
Gewalt zuschlägt und Jahre ins Land gehen.«

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Andreas Kolesch
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