Auf der Welt gibt es heute mehr Übergewichtige 
als Kinder, Frauen und Männer, die Hunger leiden. Das ist zunächst 
einmal eine gute Nachricht. Die Kehrseite dieser Medaille zeigt 
allerdings Menschen, die vom Idealwert ihres Body-Mass-Index weit 
entfernt sind. Ihr Übergewicht erhöht das Krankheitsrisiko – und zwar
erheblich. Dennoch wäre es falsch, den Verbrauchern von politischer 
Seite vorzuschreiben, was sie essen müssen. Denn was in Kochtopf, 
Backofen, Dampfgarer oder Mikrowelle und schließlich auf den Tisch 
kommt, will der Konsument zumindest zu Hause noch selbst bestimmen. 
Im Zweifelsfall wird er, wenn er zu einem fett-, salz- oder 
zuckerreduzierten Fertiggericht greifen »muss«, selbst Glutamat oder 
einen anderen Geschmacksverstärker hinzufügen, nachsalzen, 
nachzuckern oder – im besten Fall – mit natürlichen Kräutern 
nachwürzen. Dann ist für die Volksgesundheit nichts, aber auch gar 
nichts gewonnen. Das kann man bedauern. Aber so sind die Menschen nun
mal. Vorschriften im häuslichen Bereich empfinden wir als Gängelung. 
Deshalb beispielsweise der Widerstand gegen einen Veggie-Day. Und 
deshalb auch die große Zahl an Rauchern selbst noch nach Jahrzehnten 
fortdauernder Steuererhöhungen und Rauchverbote. Das heißt 
mitnichten, dass staatliche Regelungen zur Lebensmittelproduktion 
vollkommen überflüssig oder gar schädlich seien. Doch sie sollten 
sich auf das Verbot gefährlicher Gifte beschränken. Salz 
beispielsweise ist kein Gift, sondern wird vom Körper gebraucht. 
Schädlich wird es erst ab einer Dosis von, je nach Studie, sechs oder
zehn Gramm pro Tag. Wer Freiheit fordert, muss auf der anderen Seite 
Verantwortung übernehmen. Es macht keinen Sinn, sich erst mit Süßem 
vollzustopfen, und dann, wie in den USA mehrfach geschehen, im Falle 
einer Erkrankung von den Herstellern Schadensersatz zu verlangen. Um 
diesen selbst verantwortbaren Einkauf zu ermöglichen, müssen die 
Hersteller die Verbraucher informieren. Das geschieht schon, wenn 
auch auf der Verpackung manchmal etwas klein gedruckt. Um die 
Tragweite zu verstehen, sollten die Käufer über ein Grundwissen 
verfügen. Dass dies im Elternhaus vermittelt wird, kann man nicht 
unbedingt erwarten. Wenn es vom Arzt kommt, ist es ziemlich spät. Der
richtige Ort ist die Schule. Da hat sich in den vergangenen Jahren 
einiges verbessert, worauf die Politik aufbauen kann. Plakativer wäre
die auch schon geforderte Lebensmittelampel. Grün: Du darfst mich 
essen, Gelb: Du sollst nicht zuviel von mir essen, Rot: Iss lieber 
etwas Anderes mit geringerem Energiegehalt. Doch sie birgt so viele 
Möglichkeiten der Fehleinschätzung, dass sie besser nicht wieder auf 
den Parlamentstisch kommen sollte.
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Andreas Kolesch
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