Westfalenpost: Alarmierend

US-Führungswechsel am Hindukusch

Von Jörg Fleischer Stanley McChrystal tat stets so, als sei es ihm
mehr oder weniger egal, wer unter ihm Präsident war. Der US-General
hielt sich für unersetzlich, zumal als Nato-Oberbefehlshaber in
Afghanistan. Er galt als Obamas Kämpfer am Hindukusch, der sich hohe
Verdienste um die Einführung der neuen Strategie erworben hatte, der
es verstand, den instabilen afghanischen Präsidenten Karsai
einzubinden. Ein Hoffnungsträger, den das Magazin Newsweek
respektvoll den „Zen-Krieger“ nannte. Stanley McChrystal fühlte sich
unangreifbar.Nur so ist zu erklären, dass er sich zu derartigen
verbalen Entgleisungen gegenüber dem US-Präsidenten hinreißen ließ.
Darüber konnte Barack Obama nicht hinwegsehen, wollte er nicht seine
Autorität als Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte verlieren. Einmal
mehr hat Obama mit einem Problem zu kämpfen, dass ihm sein Vorgänger
überließ. George W. Bush war es, der Militärs wie McChrystal solchen
Einfluss einräumte – völlig überzogen, wie sich heute zeigt. Darüber
hinaus offenbart die Entlassung McChrystals tiefgreifende
Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und dem US-Präsidenten. Diese
dürften besonders den Zeitrahmen des Afghanistan-Einsatzes betreffen.
Obama will diesen Krieg bald beenden, um ein zweites Vietnam zu
verhindern. McChrystal hielt das für unrealistisch. Dieser Dissens
ist alarmierend. Obamas Mission impossible muss jetzt David Petraeus
fortführen. Der US-General gilt als genialer Stratege, der die Wende
im Irak-Krieg schaffte. Der Bush vor dem totalen Gesichtsverlust
bewahrte. Ob er diesen Dienst auch Obama in Afghanistan erweisen
kann, ist sehr fraglich.

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