Westfalenpost: Blankoscheck für Putin / Kommentar von Michael Backfisch zur Wahl in Russland

Die Wahlen zur russischen Staatsduma brachten zwar
kein DDR-Ergebnis von fast 100 Prozent. Aber drei Viertel der
Parlamentsmandate für die kremlnahe Partei Geeintes Russland reichen
zu einem stromlinienförmigen Regieren. Präsident Putin kann damit
jede Verfassungsänderung „legal“ durchboxen.

Sehr bedenklich ist die Lethargie, die sich über das Land gelegt
hat. Öffentliche Debatten finden nicht statt, fast alle Medien sind
dem Kreml treu und auf Linie getrimmt. Dabei ist die wirtschaftliche
und soziale Lage schlecht. Die Rohstoffpreise sind im Keller, was
riesige Löcher in die öffentlichen Haushalte reißt. Die Realeinkommen
sinken, die Lebensmittelpreise steigen, für Rentner gibt es in diesem
Jahr keinen Inflationsausgleich.

Diese innenpolitische Malaise konterkariert Putin mit einer
Patriotismuswelle. Krim-Annexion, Destabilisierung der Ostukraine,
Weltmacht-Demonstrationen im Syrienkonflikt: Der Mann, der den
Zusammenbruch der Sowjetunion einmal als die „größte geopolitische
Katastrophe des 20. Jahrhunderts“ bezeichnet hat, wird in Zukunft die
Außenpolitik noch mehr in den Mittelpunkt rücken. Der Westen muss
sich auf einiges gefasst machen. Der Gegenwind aus Moskau wird
künftig noch rauer werden.

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