Westfalenpost: Die Islamisten sehen sich nicht als Verlierer Von Martin Korte

Mit einer feierlichen Zeremonie hat die Nato nach 13
Jahren formal einen Schlussstrich gezogen unter den Kampfeinsatz in
Afghanistan. Das Bündnis leitet eine neue Phase ein und nennt sie
beschönigend „Entschlossene Unterstützung“. Geben 3500 getötete
Isaf-Soldaten, darunter 55 deutsche, und ungezählte tote Zivilisten
Grund zu feiern? Selbstverständlich ist das eine zynische Frage,
Krieg ist immer zynisch.

Der Termin in Kabul war geheim. Die Nato hat Angst vor den
Taliban. Womit eine Antwort auf die Frage, ob sich das alles gelohnt
hat, auch schon gegeben ist. Afghanistan ist kein sicheres Land, der
Hass gegen alles Westliche und Moderne hat die radikalen Islamisten
gestärkt, die Korruption zersetzt das öffentliche Leben.

Es stimmt: Die Menschen können nun frei wählen, auch die Mädchen
dürfen in den meisten Regionen zur Schule gehen. Das ist ein Erfolg.
Aber die Nato muss sich an ihren eigenen Zielen messen lassen:
Befriedet hat sie Afghanistan nicht, die Demokratie ist alles andere
als gefestigt, der Terrorismus versetzt die Bevölkerung immer noch in
Angst und Schrecken.

Es ist müßig, den Erfolg allein mit dem Blick auf die
Vergangenheit beurteilen zu wollen. Die Frage ist doch eher, welche
Lehren aus dem Einsatz gezogen werden. Anlass zum Optimismus gibt ein
Teil der Antwort nicht: Im Krieg geht es immer auch ums Geschäft, um
Bodenschätze, um Waffenlieferungen. Deutschland ist drittgrößter
Rüstungsexporteur.

Jeder Versuch, hier einen Zusammenhang mit den Konflikten in aller
Welt herzustellen, wird mit dem Arbeitsplatz-Argument wegdiskutiert
oder als naiv disqualifiziert. Ist uns der eigene Wohlstand lieber
als das Leben der Menschen am anderen Ende der Welt? Eine zynische
Frage, oder?

Pressekontakt:
Westfalenpost
Redaktion

Telefon: 02331/9174160