Westfalenpost: Die Zeit drängt Von Harald Ries

Am Anfang waren es nur Bayerns Ministerpräsident
Seehofer und seine CSU, die Angela Merkels Willkommenskurs gegenüber
den Flüchtlingen offen kritisierten. Dann schwoll das Gegrummel in
der eigenen Partei an. Immerhin auf die SPD konnte die Kanzlerin sich
bislang verlassen. Doch nun fordern auch sozialdemokratische
Politiker, den Zustrom zu begrenzen, sehen Helfer an der
Belastungsgrenze und das Land am Limit.

Zu Recht hat Merkel CSU-Forderungen nach einer Einschränkung des
Asylrechts abgelehnt. Sie setzt weiter auf eine Beschleunigung der
Asylverfahren, einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen, eine
gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa und eine Bekämpfung der
Fluchtursachen. Das klingt sinnvoll und seriös. Aber auch
realistisch? Da wächst die Skepsis. Die Idee von Innenminister de
Maizière, Transitzonen an den Grenzen einzurichten, klingt wenig
erfolgversprechend. Mehr darf man vielleicht von den heutigen
Gesprächen der EU mit dem türkischen Präsidenten Erdogan erwarten.

„Wir schaffen das“ war ein starker Satz. Vielleicht beschert er
der Kanzlerin wirklich den Friedensnobelpreis, wie spekuliert wird.
Ob es ein guter Satz bleibt, hängt jedoch entscheidend davon ab, ob
es gelingt, die praktischen Probleme zu lösen, vor denen das Land
jetzt steht. Möglich ist das. Aber die Zeit drängt.

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