Westfalenpost: Europa hat versagt Von Nina Grunsky

Der Traum von der Splendid Isolation, der
wunderbaren Isolation, ist längst geplatzt. Deutschland ist keine
unerreichbare Insel. Die Asylsuchenden, die nach deutschem und
europäischem Recht eigentlich gar nicht hierher kommen dürften,
gelangen dennoch in die Bundesrepublik.

Zwar ist für Asylanträge eigentlich das EU-Land zuständig, in dem
Flüchtlinge ersten Kontakt mit europäischen Behörden hatten. Doch die
Staaten am Rande der EU, mit dem Flüchtlingsstrom allein gelassen,
lassen die Schützlinge weiter nach Norden ziehen. Wer könnte es ihnen
ernsthaft verdenken? So fällt Deutschland diese Politik nun schwer
auf die Füße, die man hierzulande doch jahrelang unterstützte, weil
man sich in einer recht bequemen Mittellage glaubte. Das
St.-Florians-Prinzip der Asylpolitik funktioniert nicht mehr. Die
aktuellen Krisen auf der Welt zeigen, wie schrecklich Europa auf
diesem Politikfeld lange versagt hat.

Insofern tut Bundesinnenminister Thomas de Maizière gut daran, nun
endlich eine gemeinsame Politik in Europa einzufordern, um die Lasten
für die Staaten gerecht zu verteilen: Europa braucht Quoten bemessen
nach Wirtschaftskraft und Bevölkerungszahl, um die Flüchtlinge auf
die Mitgliedsländer zu verteilen.

Doch selbst, wenn dies nun tatsächlich gelingen sollte, darf man
sich doch einer Hoffnung nicht hingeben: Weniger Flüchtlinge und
Asylsuchende werden deshalb vorerst nicht in die Bundesrepublik
kommen. Angesichts der humanitären Katastrophen auf der Welt,
angesichts von 70 000 Syrien-Flüchtlingen, die allein an einem
Wochenende in der Türkei Schutz gesucht haben, drängt sich vielmehr
die Vermutung auf, dass Deutschland noch viel zu wenig Asylsuchende
aufnimmt.

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