Westfalenpost: Harald Ries zumÄrztemangel

Auch wenn Ärzteverbände Sturm laufen gegen das
geplante „Versorgungsstärkungsgesetz“ und eine Einschränkung ihrer
Freiheit beklagen – die Pläne von Gesundheitsminister Gröhe sind
grundsätzlich vernünftig. Aber längst nicht hinreichend, um die
Probleme in den Griff zu bekommen, die in den kommenden Jahrzehnten
auf den ländlichen Raum zukommen. Im Moment haben wir noch genug
Ärzte. Sie sind lediglich falsch verteilt: Zu viele Praxen in den
Städten, wo das Studium absolviert wurde, der Partner leicht einen
Job findet und sich viele lukrative Privatpatienten tummeln, zu
wenige dort, wo die Wege weit sind, die Menschen weniger und älter
werden und die Arbeitszeiten abschrecken. Gröhes Idee: Wer sich in
der Stadt nicht mehr niederlassen darf, geht doch aufs Dorf. Aber
schon heute arbeitet ein zunehmender Teil der zunehmend weiblichen
Absolventen der Humanmedizin nicht mehr als Arzt, sondern in
Forschung oder Verbänden. Was noch gravierender ist: Nur zehn Prozent
der jungen Ärzte sind Internisten oder Allgemeinmediziner, also
potenzielle Hausärzte. 90 Prozent spezialisieren sich auf
Spezielleres. Sinnvoll wären 50 bis 60 Prozent Generalisten. Es
beginnt also schon im Studium und bei der Zulassung zur Uni: lauter
falsche Anreize. Wenn es in jeder Hinsicht attraktiver ist, einen
Gerätepark in der Großstadt zu bedienen, als Hausbesuche im Sauerland
zu machen, kann das Resultat nicht verwundern. >Nötig ist also eine
Fülle von Maßnahmen. Lösbar sind die Probleme. Doch ohne
Veränderungen kann das auf dem Land nicht funktionieren: Telemedizin
wird sich ausbreiten, und die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und
anderen Hilfsdiensten muss sich stark verbessern.

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