Westfalenpost: Knut Pries zum Nato-Gipfel

In ihrem Strategischen Konzept aus dem Jahr 2010 hat
die Nato sich selbst drei Kernaufgaben zugewiesen: gemeinsame
Verteidigung, das „Management“ internationaler Krisen, dem Volksmund
allgemein als „Auslandseinsätze“ bekannt, sowie die Zusammenarbeit
mit Partnern, ohne die man ein akzeptables Niveau von Sicherheit in
der global vernetzten Welt nicht herzustellen in der Lage ist.
Zuletzt beanspruchten die Kriseneinsätze den Großteil der Ressourcen
– Geld, Rüstung, politische Aufmerksamkeit – und prägten das
Anforderungsprofil. Jetzt, nachdem Russland sich entschlossen hat,
lieber als Rivale denn als Partner aufzutreten, verschieben sich die
Gewichte. Priorität hat wieder das, was Allianz-Strategen gern den
„Wesenskern“ des Bündnisses nennen: Artikel Fünf des Washingtoner
Vertrages, die gegenseitige Beistandsgarantie, das große Versprechen
„Alle für Einen“. Manche halten das für ein geradezu romantisches
Ereignis – die Wiederentdeckung der lang vernachlässigten Seele des
Bündnisses. Eine solche Überhöhung ist fehl am Platz.

Der
Eroberungszug des furchtbaren Kopf-ab-Kalifats im Mittleren Osten
zeigt, dass sich die Bedrohungen jenseits klassischer Verhältnisse
nicht erledigt haben und unverändert das Engagement des Westens
erfordern. Die Nato wird sich auch darum weiter kümmern müssen – es
geht nicht um das Ob, sondern um das Wie. Und, weil das Eine zum
Anderen kommt, um die ewige Streitfrage: Wer soll das bezahlen? Da
wird Deutschland bessere Antworten auf die Forderung der Amerikaner
und Briten nach höherer Kostenbeteiligung geben müssen.

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