Westfalenpost: Kommentar zu Energie /Umwelt /Umweltminister gibt Wald für Windernte frei /In NRW hat sich der Wind gedreht /Von Wilfried Goebels

Der Wald hat für den Deutschen hohe Symbolkraft.
Wenn Umweltminister Johannes Remmel die Wälder für den Bau von
Windrädern öffnet, rüttelt er an einem Tabu. Das Landschaftsbild
verändert sich, längst nicht jeder Tourist und jeder Anwohner wird
die riesigen Windspargel über den Baumkronen als Bereicherung oder
als optischen Reiz empfinden. Die Energiewende hat ihren Preis. Wer
sauberen Strom will, muss die Windräder akzeptieren. Im dicht
besielten NRW reichen die Vorrangflächen für Anlagen außerhalb der
Wälder schlicht nicht aus. Deshalb führt an der Nutzung kahler
Kyrill-Flächen und Fichtenwälder für die Windernte kein Weg vorbei.
Gewinner sind Waldbesitzer, die ihre Flächen bislang nur für den
Holzeinschlag nutzen konnten. Da wird der private Wald zur Sparkasse,
wenn Investoren als Pächter auftreten. Lukrative Einspeisevergütungen
machen das Windrad schon nach sieben Jahren zum gewinnbringenden
Geschäft. Von der Gewerbesteuer profitiert dann auch die Kommune. Und
der Widerstand vor Ort nimmt sicher ab, wenn eine
„Bürger-Genossenschaft“ als Betreiber den Wind selbst erntet. Der
Umweltminister weiß um die Gratwanderung bei der Öffnung der Wälder.
Aus Sorge vor dem Protest der Naturschutzverbände bleiben Laubwälder
und Schutzzonen windradfrei. Gleichwohl wäre Remmel gut beraten, bei
aller Euphorie über die Energiewende bei der Genehmigung der Anlagen
nicht übers Ziel hinauszuschießen. Der Wind hat sich gedreht, die
Windkraft genießt eine höhere Akzeptanz als vor Jahren. Wer die
Wälder aber total verspargelt, erzeugt neue Protestwellen. Vorrang
muss weiter die Nutzung minderwertiger, lärmbelasteter Flächen in der
Nähe von Autobahnen und Bahntrassen haben. Der Wald muss zu allererst
Ruhe- und Erholungsraum bleiben. Remmel sollte Eingriffe in die
Kulturlandschaft Wald deshalb mit Augenmaß vornehmen. Der Umstieg auf
die erneuerbaren Energien braucht die Akzeptanz der Bürger und den
Konsens mit den Kommunen. Die Öffnung der Wälder darf nicht dazu
führen, dass die Menschen am Ende vor lauter Windrädern keinen Wald
mehr sehen.

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