Westfalenpost: Kommentar zu Gehalt / Manager / Vom Walten der Marktgesetze / Leidiges Thema Managersold

Es ist eine leidige Frage: Verdient Herr Winterkorn,
um nur ein ins Auge stechendes Beispiel zu nennen, was er verdient?
Leidig ist die Frage, weil es darauf einfach keine originelle Antwort
mehr gibt. Die Rede ist immerhin von einem Jahresgehalt von 17,5
Millionen Euro, mit dem der VW-Chef ein gewaltiges Rauschen im
Blätterwald erzeugte. Ist doch sein Einkommen damit fast 650 Mal
höher als das des durchschnittlichen deutschen Arbeitnehmers. Nun
stellen wir uns einen Konzernlenker natürlich gerne als
Hochleistungs- und Verantwortungsträger vor. Dessen Arbeitstag keine
siebeneinhalb Stunden zählt, sondern gut und gerne das Doppelte, und
das womöglich an sieben Tagen: Wer wollte so einem das angemessene
Honorar missgönnen? Mehr als 24 Stunden hat der Tag freilich für
keinen. Ist es denkbar, dass in dieser Zeitspanne ein Arbeitnehmer
650 Mal soviel leistet wie ein durchschnittlicher anderer? Es gibt
wie gesagt auf diese Frage keine originelle Antwort. In der Hitze der
neuerlichen Debatte fehlt es nicht an Vorschlägen, Managergehälter zu
begrenzen. Zehn Millionen im Jahr hält die Lobby der Kleinaktionäre
für ausreichend und sieht sonst den sozialen Frieden gestört. Der
Verband der Familienunternehmer mag den Bossen nur fünf Millionen
gönnen. Das ist alles gut gebrüllt. Die Frage ist allerdings, für wen
solche Vorschläge gedacht sind. In der Marktwirtschaft gelten
schließlich die Gesetze von Angebot und Nachfrage. Solange sich
Aktionäre und Aufsichtsräte finden, denen das Wirken ihres
Spitzenpersonals solch exorbitante Summen wert ist, kann man zwar an
deren Verstand zweifeln. Im Übrigem aber sind Kritik und moralische
Empörung fehl am Platz. Nach den Regeln von Angebot und Nachfrage
gilt für Spitzenmanager Ähnliches wie für Spitzensportler oder
prominente Künstler: Ihre Bezahlung richtet sich weniger nach einer
messbaren Leistung als nach der Seltenheit des Talents. Bei den Stars
von Sport und Unterhaltung lassen wir uns das gefallen. Manager haben
im Unterschied zu diesen wenig, was uns erfreut, geben dafür öfters
Anlass, an der Seltenheit ihres Talents zu zweifeln: Da tut man sich
schwer mit dem Gönnen. Von Winfried Dolderer

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