Westfalenpost: Kommentar zu Verkehr / Bürgerwille / Leitsysteme / Verwirrung um Tempolimit /Ideologischer Streit ist nicht zielführend /Von Wilfried Goebels

Das Tempolimit auf Autobahnen ist ein Politikum
ersten Ranges. Die Frage, ob und wie die Bürger auf Schnellstraßen
ausgebremst werden sollen, spaltet die Bevölkerung. Kein Wunder, dass
SPD-Wahlkämpferin Kraft wenig Lust verspürt, die PS-gesteuerte
Autofahrer-Lobby zu verärgern. Kategorisch hat die
Ministerpräsidentin den nicht abgestimmten grünen Vorstoß für ein
generelles Tempolimit in NRW zurückgewiesen. Verwirrung pur. Die
Grünen wollen bundesweit Tempo 120, Kraft sieht keinen Bedarf in NRW.
Gleichzeitig kündigt der eigene Verkehrsminister einen befristeten
Test im Ruhrgebiet mit weiteren Tempolimits an. Und der
SPD-Verkehrsexperte Ott will mehr Tempolimits, um Anwohner vor Lärm
zu schützen. Was denn nun? 40 Prozent der Autobahnen sind längst
tempobegrenzt. Auch der hohe Spritpreis ist eigentlich längst
Tempolimit genug. Und nicht zuletzt führen auch politische Blockaden
beim Aus- und Neubau von Autobahnen bei steigenden Verkehrszahlen
fast automatisch zum Tempolimit. Der Hinweis, dass die meisten
Autofahrer im staugeplagten NRW froh wären, wenigstens zeitweise
Tempo 120 zu fahren, trifft den Kern. Der ideologische Streit über
die Notwendigkeit genereller Tempolimits ist nicht zielführend.
Geschwindigkeitsbegrenzungen sind dort sinnvoll, wo Bürger durch
Lärm, Abgase oder an Baustellen und Knotenpunkten über Gebühr
belastet werden. Hier verfügt das Land über das nötige gesetzliche
Instrumentarium, Tempolimits an kritischen Strecken anzuordnen.
Intelligente Verkehrsleitsysteme sind zudem sicher wirkungsvoller als
generelle Begrenzungen. Der ab Herbst geplante Feldversuch zum
Tempolimit kann den Planern neue Erkenntnisse liefern, wie sich
Verkehrsfluss und Luftwerte verbessern lassen. Neue Daten können
dabei im Einzelfall auch zu weiteren Geschwindigkeitsbegrenzungen
führen. Nur sollte der Nachweis erbracht werden, dass neue
Regulierungen erfolgreich sind. Die Gängelung der Bürger aus
politischen Motiven ist ebenso ein Irrweg wie ein schlichtes
Bekenntnis von Schnellfahrern zur „freien Fahrt für freie Bürger“.
Mit dem Feldversuch hält NRW die richtige Schrittfolge ein.

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