Man sollte Vegetariern nicht immer mit Adolf Hitler
kommen. Nur ist die Versuchung groß, wenn sie sich penetrant als
bessere Menschen präsentieren. Das sind sie durch den Fleischverzicht
eben nicht automatisch. Aber man muss sich argumentativ schon sehr
verrenken, um zu bestreiten, dass sie Menschen, die Tiere essen, in
einem wichtigen Punkt etwas voraushaben.
Wir wissen mehr über unsere enge Verwandtschaft zu anderen
Lebewesen als die Jäger in der Frühzeit der Menschheit. Das macht das
Töten zu einem größeren moralischen Problem. Dazu kommen die
Bedingungen in der industrialisierten Fleischproduktion, die
Gesundheit, die Umwelt. Der Flächenverbrauch, der Ärmere
möglicherweise um ihre pflanzliche Nahrung bringt. Und jetzt machen
uns die reicher werdenden Asiaten den ganzen Unfug nach. Wie bei den
Autos. Es ist furchtbar. Wir sollten besser kein Fleisch mehr essen.
Doch das ist so unrealistisch wie die Erwartung, wir würden auf
Mobilität verzichten.
Aber Fleisch ist doch gar nicht nötig für unsere Ernährung, sagt
die Wissenschaft. Mag sein. Doch das übersieht die kulturelle
Symbolik des Sonntagsbratens oder die Bedeutung männlicher
Grillrituale. Fleisch steht seit Jahrhunderten für gutes Leben. So
schnell werfen wir unsere Gewohnheiten und Vorlieben nicht über Bord.
Auf Dauer aber wahrscheinlich schon. Die wohlhabenden und gebildeten
Westeuropäer essen weniger Fleisch. Sie rauchen weniger. Und fliegen
mehr. Die Guten und die Bösen sind nicht so einfach zu
identifizieren. Wir brauchen auch keine neuen genussfeindlichen
Verbote und Bevormundungen. Keine Veggie-Day-Pflicht. Aber mehr
Engagement für den Tierschutz und kreative Ideen für ein
fleischärmeres Leben.
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