Westfalenpost: Martin Korte zu Bewertungsportalen: Salomonisch unpraktisch

Es hat seinen guten Grund, dass wir in dieser
Zeitung keine Zuschriften veröffentlichen, von denen uns der Autor
nicht bekannt ist. Denn: Viele Menschen, die Böses im Schilde führen,
verstecken sich hinter der Anonymität. Sie mogeln, sie lügen, sie
hetzen. Wir beobachten das bei der Flüchtlings-Diskussion. Das
Internet ist ein Paradies der Anonymität. Deshalb ist das Urteil des
Bundesgerichtshofes zu den Rechten und Pflichten von
Bewertungsportalen durchaus ein wegweisendes. Es garantiert auf der
einen Seite die Persönlichkeitsrechte der Nutzer, fordert aber auf
der anderen Seite ein, dass die Quelle von Bewertungen im Zweifel auf
ihre Seriosität überprüft werden muss. Das ist irgendwie salomonisch.
Aber auch praktikabel? Das wird sich zeigen. Denn die Portale müssen
nun schleunigst ihre allgemeinen Geschäftsbedingungen radikal ändern,
um die Verantwortung auf den Verbraucher abzuwälzen – oder den Laden
zumachen. Es ist kaum davon auszugehen, dass die Nutzer massenhaft
Atteste oder Rechnungen sammeln werden, um ihr Urteil zu
rechtfertigen. Dafür ist der Aufwand zu groß. Wahrscheinlich werden
die Plattformen angezweifelte Bewertungen deshalb einfach löschen.
Ihre Aussagekraft dürfte das nicht gerade steigern.

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