Zufall ist das sicher nicht: Am gleichen Wochenende,
an dem eine Sonntagszeitung das Gerücht streut, die SPD will ihre 
Entscheidung in der Kanzlerkandidatenfrage auf Mai 2017 verschieben, 
erzählt „Focus“-Urgestein Markwort im Fernsehen, Sigmar Gabriel werde
in Kürze zurücktreten. Auch wenn einige SPD-Spitzenkräfte diese 
Behauptung eilig als „Quatsch“ dementieren: Da hatten wohl 
interessierte Kreise Wochenenddienst. Es scheint, als hätten einige 
einflussreiche Sozialdemokraten die Demontage des SPD-Chefs und 
Möchtegern-Kanzlers begonnen. Das Entscheidende ist ja: Völlig aus 
der Luft gegriffen sind die Gedanken über einen Rückzug des 
Niedersachsen nicht. Wären wir überrascht, wenn Gabriel selbst die 
Konsequenzen ziehen würde aus seiner Parteitagsschlappe, als ihm im 
Dezember ein Viertel der Delegierten die Gefolgschaft verweigerten? 
Wenn er aus den Umfragewerten, die seine Partei bei nur gut 20 
Prozent sehen, eine persönliche Verantwortung herleiten würde? Wenn 
er das TTIP-Vermittlungsdesaster einem Wirtschaftsminister 
zuschreiben würde, der mal für das Abkommen und mal dagegen ist? Über
Nachfolger diskutiert die SPD ja schon länger. Gerade auch an diesem 
Wochenende hat SPD-Vize Olaf Scholz ein Strategiepapier über den 
Umgang mit der AfD vorgelegt. Zufall? Und Martin Schulz, dem 
Präsidenten des Europaparlaments, stehen die Ambitionen bei jedem 
Auftritt ins Gesicht geschrieben. Die SPD ist eine Volkspartei mit 
großer Tradition. Sie hat schon Schlimmeres erlebt als die aktuellen 
Turbulenzen. Aber sie muss jetzt wirklich damit beginnen, ihren Laden
aufzuräumen und sich auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen. Sonst wird
sie bei den nächsten Wahlen ihr Waterloo erleben.
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