Westfalenpost: Putin würden wir es zutrauen / Kommentar von Martin Korte zum Mord am russischen Oppositionellen Boris Nemzow

Der Zustand einer Demokratie offenbart sich vor
allem in ihrem Umgang mit Andersdenkenden. Oppositionelle in Russland
leben gefährlich; sie werden verfolgt, beleidigt, inhaftiert und
ermordet. Selbstverständlich trägt Präsident Putin eine
Mitverantwortung für den Tod von Boris Nemzow. Sein Apparat ist nicht
in der Lage, Regierungsgegner zu schützen – noch nicht einmal in
Rufweite des Kreml. Im Gegenteil: Putin schürt in Russland ein Klima
des Hasses. Er versetzt radikale Nationalisten in die Lage, sich
moralisch im Recht zu fühlen. Die Folge: Extremisten greifen zu immer
drastischeren Maßnahmen, Gewalt ersetzt Argumente.

Ob Putin sogar selbst hinter dem feigen Attentat steckt?
Wahrscheinlich werden Täter und Auftraggeber nie gefunden, aber es
ist ja schon schlimm genug, dass wir dem ehemaligen KGB-Chef die Tat
zutrauen. Nützen wird der Tod des charismatischen Kontrahenten dem
Moskauer Machthaber auf jeden Fall: wieder ein wichtiger
Oppositioneller weniger, wieder den Rest der Regierungsgegner
eingeschüchtert.

Und nun? Der Einfluss des Westens auf die russische Innenpolitik
ist minimal; der Mord ist in erster Linie eine nationale
Angelegenheit. Aber es gibt jetzt wieder neue Argumente dafür, dass
der wirtschaftliche Druck auf ein undemokratisches Russland erhöht
werden muss.

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