Westfalenpost: Reform an Haupt und Gliedern / Kommentar von Egbert Nießler zur Zukunft der EU

Das Wehklagen aus Brüssel über egoistische Briten,
die die EU ganz verlassen wollen und unsolidarische Ungarn und andere
Osteuropäer, die sich in der Flüchtlingsfrage sperrig zeigen, ist
groß. Und gelegentlich begleitet von Drohungen, Gelder zu streichen
oder Marktzugänge künftig zu erschweren. Was aus Europas Zentrum
seltener zu hören ist, sind Worte der Selbstkritik und durchdachte
Konzepte, wie die Gemeinschaft zukunftsfester gemacht werden könnte.

Man kann die Ungarn in der Flüchtlingsfrage unsolidarisch nennen.
Das sind sie allerdings nicht allein. Bis zu 160.000 Flüchtlinge
sollten laut EU-Beschluss seit einem Jahr umverteilt werden. Bisher
fanden nur 1200 ein neues Gastland. Das kann nicht nur an Ungarn
liegen. Zudem ist der Verteilungsbeschluss kompliziert und damit
praktisch wirkungslos. Das einzige, was bisher die Flüchtlingszahlen
hat zurückgehen lassen, sind die Grenzzäune. Eine Maßnahme, für die
Bulgarien gelobt und unterstützt wird. Ungarn handelt sich dafür
heftigste Kritik ein. Eine Logik, die die Popularität der
Gemeinschaft nicht fördern kann.

Wenn sie nicht von einer Kalamität in die nächste stolpern will,
braucht die EU eine Reform an Haupt und Gliedern. Das bisher in
Europa erreichte wäre diese Anstrengung allemal wert.

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