Westfalenpost: Seelische Erkrankungen von Kinder: Gut gemeint, aber nicht immer gut

Gut gemeint ist bekanntlich manchmal das Gegenteil
von gut. Und die Gesellschaft meint es zweifelsohne eigentlich gut
mit den Kindern. Das Beste soll aus ihnen werden, hervorragende
Schulabschlüsse sollen sie bekommen, dazu noch Ausbildungen oder
Diplome, die sie ein Leben lang durch die Globalisierung tragen.
Deshalb fehlt es auch nicht an gut gemeinten Ratschlägen für Eltern,
wie sie ihren Kindern den perfekten Start ins Leben ermöglichen: von
der richtigen Ernährung schon im Mutterleib über die muskalische
Früherziehung, Sportförderung bis zur korrekten Gesundheitsvorsorge.
Neben all den beruflichen und wirtschaftlichen Herausforderungen,
denen sich Eltern stellen müssen, fühlen sie sich unter
Perfektionsdruck. Und der kommt zwangsläufig bei den Kindern an.

Mithin nimmt es also nicht Wunder, dass Ess- und Angststörungen
sowie Depressionen bei Kindern keine Seltenheit sind. Auch nicht,
dass die Zahl der Verschreibungen von Medikamenten wie Ritalin in den
vergangenen Jahren stetig zugenommen hat – und vermutlich nicht
deutlich sinken wird. Denn wer das Beste erreichen soll, muss in der
Schule, vielleicht auch im Ganztagsunterricht, mitkommen können,
selbst wenn er mit der Diagnose ADHS lebt.

Und die Herausforderungen werden gewiss nicht geringer. Inklusion
zum Beispiel ist zweifelsohne ein Menschenrecht. Wenn die
Landesregierung allerdings dieses Ziel so zügig umsetzt, dass sich
Lehrer, Eltern und Kinder schlecht darauf vorbereitet fühlen, zudem
die mangelnde Ausstattung beklagen, dann darf sich die
Gesundheitsministerin vielleicht künftig nicht darüber wundern, dass
nicht weniger Psychopharmaka verordnet werden. Auch die Politik meint
es eben oft gut.

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