Erdogan polarisiert. Zu Hause in der Türkei schlägt
ihm gerade eine Welle des Protestes wegen seines völlig unangemessen
Umgangs mit dem Bergwerksunglück von Soma entgegen, und auch in
Deutschland werden kritische Stimmen angesichts seines bevorstehenden
Wahlkampfauftritts in Köln immer lauter. Und so stellt sich mancher
die Frage, ob man den türkischen Regierungschef nicht ausladen solle,
statt ihm ein Podium zu geben. Das aber sollte man nicht.
Denn Erdogan ist ein Staatsgast. Trotz seiner Politik, die die
Türkei immer weiter von einer EU-Mitgliedschaft entfernt. Trotz des
unwürdigen Auftritts bei einer Demonstration. Und trotz der
Unverschämtheiten, die er sich zuletzt gegenüber dem deutschen
Bundespräsidenten Gauck erlaubt hatte. Gerade weil der türkische
Ministerpräsident in dieser Angelegenheit bereits eine Retourkutsche
angekündigt hatte, sollte Deutschland souverän sein, die politische
Debatte zulassen und die Regeln des zivilisierten Miteinanders
achten.
Ob Erdogan die Kölner Bühne nutzt, um versöhnliche Worte der
Mäßigung zu finden, wird man sehen. Andernfalls zementiert er das
Bild eines Mannes, der Menschen gegeneinander aufhetzt und
polarisiert. In Deutschland und in der zunehmend gebildeten
türkischen Gesellschaft wird er damit keinen Erfolg haben.
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