Die Freude an seinem Coup war Hans-Christian
Ströbele deutlich anzusehen. Man kann ihn verstehen. Denn was immer
sein Besuch bei Edward Snowden für diesen und für die Aufklärung der
NSA-Aktivitäten in Deutschland für Folgen haben mag: Erst einmal ist
es dem grünen Urgestein im Alleingang gelungen, die Bundesregierung
unter erheblichen Druck zu setzen. Plötzlich kann sich sogar der
bislang blamabel agierende Innenminister Friedrich direkte Gespräche
zwischen offiziellen deutschen Stellen und dem Ex-Spion vorstellen.
Wahrscheinlich meint er das nicht ernst. Aber er nimmt offenbar die
Stimmung in der Bevölkerung zur Kenntnis.
Die unterscheidet sich nämlich, obwohl Angela Merkel tatsächlich
ge- und betroffen sein dürfte, deutlich von der Haltung der
Regierenden: Für die einen sind Figuren wie Snowden und Assange
Helden der Freiheit und der Transparenz, für die anderen Verräter und
Störenfriede. Aber das können sie so offen nicht sagen. Deshalb
müssen sie lavieren. Und taktieren.
Bei allem Unmut über die NSA wird Deutschland die USA, die schon
vorsorglich einen Auslieferungsantrag gestellt haben, nicht durch
politisches Asyl für Snowden provozieren. Und freies Geleit? Wohin?
Dass der Ex-Geheimdienstler Putin den Amerikaner noch einmal
einreisen lässt, ist unwahrscheinlich. Ein U-Ausschuss in Moskau
ebenso. Videobefragungen? Sind von zweifelhaftem Wert. Praktisch wird
sich wohl wenig bewegen.
Aber Ströbele macht wieder einmal die Diskrepanz deutlich zwischen
Realpolitik und dem, was viele Menschen für moralisch geboten halten.
Damit hat er sich in der eigenen Partei nicht immer Freunde gemacht.
Aber auch 2013 wieder ein Direktmandat gewonnen.
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