Westfalenpost: Verhungern oder ertrinken / Kommentar von Martin Korte zur Flüchtlingskrise

Haben wir wirklich geglaubt, das Problem sei gelöst,
weil die Balkan-Route versperrt ist? Nein, mit Zäunen rund um Europa
lässt sich die Flüchtlingskrise nicht aus der Welt schaffen. Wer das
denkt, unterschätzt die Verzweiflung der Menschen, die vor Krieg und
Armut fliehen. Sie suchen sich Alternativen.

Lebensgefährliche Alternativen, wie die erneute mutmaßliche
Tragödie im Mittelmeer belegt. Zahlreiche Menschen sind
wahrscheinlich elendig ertrunken. Warnungen gab es vorher genug, vor
allem aus Italien. Dort werden nun die namenlosen Leichen gezählt.
Europa im Jahr 2016 nach Christi Geburt.

Angeblich warten in Libyen noch 200 000 Flüchtlinge auf den
richtigen Moment für eine Überfahrt. Das wirtschaftliche Elend in
Afrika nimmt zu; die Menschen stehen vor der Wahl: verhungern oder
ertrinken. Es wird weitere Tote im Mittelmeer geben.

Es ist richtig: Wir können nicht alle Probleme lösen – und wir
können auch nicht alle Hilfesuchenden aufnehmen. Aber wir können
endlich anfangen, langfristige Lösungen umzusetzen. Bei der
Entwicklungshilfe etwa läuft Deutschland seit Jahren den
selbstgesteckten Zielen hinterher. (Bei den Waffenexporten übrigens
nicht). Wenn wir nicht handeln, sollten wir damit aufhören, die Toten
zu beklagen. Das ist heuchlerisch.

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