Westfalenpost: Wasser predigen und Wein trinken Von Rolf Hansmann

Es ist keine Frage fehlender politischer Fortune,
wenn die NRW-Landesregierung in Anbetracht einer zu erwartenden
Niederlage bei der Beamtenbesoldung vor dem Verfassungsgericht
offenbar noch schnell vor einer Haushaltssperre eine
Beförderungswelle in einigen Ministerien veranlasst. Es wäre ein
Eigentor, eine politische Instinktlosigkeit, ein
Glaubwürdigkeitsverlust, der so schnell nicht zu kitten ist.

Eine Regierung, die sich dem Vorwurf der Vetternwirtschaft
aussetzt, macht sich angreifbar. Nicht nur bei der Opposition,
sondern auch bei jenem Wahlvolk, das ohnehin davon ausgeht, dass in
der Politik gekungelt wird.

Ministerpräsidentin Kraft hat sich immer dadurch ausgezeichnet,
dass sie nah an den Menschen ist und ein Gespür für deren
Befindlichkeiten hat. Wo ist angesichts überdurchschnittlich vieler
Höhergruppierungen von Beamten in der Landesverwaltung ihr
Fingerspitzengefühl geblieben? Zumal die SPD-Politikerin unlängst in
den Augen der Opfer des schweren Unwetters in Münster keine gute
Figur abgegeben hat.

Anstatt sich wie einst Gerhard Schröder bei der Jahrhundertflut an
der Elbe in Gummistiefeln auf aufgeweichte Deiche zu stellen (und
sich hinterher als Macher feiern zu lassen), glänzte Kraft in Münster
durch Abwesenheit. Erst heute, vier Wochen nach dem Sintflut-Regen
und nach heftiger Kritik, besucht sie die Stadt im Norden des Landes.

Die Landesregierung wollte nach dem Urteil des Verfassungsgerichts
ihre Entschlossenheit zum Sparen mit teils bizarren Maßnahmen (nur
Leitungswasser für Gäste der Staatskanzlei) demonstrieren. Eine
Beförderungswelle würde sie in einem anderen Licht erscheinen lassen:
nämlich, dass sie Wasser predigt und Wein trinkt.

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