121. DeutscherÄrztetag Bedürfnisse von Menschen mit psychischen Störungen stärker in den Blick nehmen

Erfurt, 09.05.2018 – Psychische und
psychosomatische Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen,
somatoforme Störungen, Alkohol- und Medikamentenabhängigkeit zählen
zu den häufigsten, aber hinsichtlich ihrer individuellen und
gesellschaftlichen Bedeutung zumeist unterschätzten Erkrankungen. Sie
werden immer mehr zu einer Herausforderung für die
Gesundheitsversorgung. Etwa ein Drittel der Bevölkerung ist jedes
Jahr von ihnen betroffen – unabhängig von Alter oder sozialem Status.
Dabei verursachen psychische Erkrankungen immenses menschliches Leid
und auch erhebliche volkswirtschaftliche Kosten. Darauf verwiesen
heute Referenten und Abgeordnete des 121. Deutschen Ärztetages in
Erfurt. In einer Entschließung forderte das Ärzteparlament den
Gesetzgeber sowie die Institutionen der Selbstverwaltung im
Gesundheitswesen auf, sich stärker für die besonderen Bedürfnisse und
Interessen von Menschen mit psychischen und psychosomatischen
Erkrankungen einzusetzen.

In Deutschland wird die psychotherapeutische Versorgung sowohl von
ärztlichen als auch von psychologischen Psychotherapeuten sowie von
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten mit den ihnen jeweils
eigenen Qualifikationen getragen. Für die ärztliche Psychotherapie
können Patienten auf ein sehr breit gestuftes Angebot zurückgreifen,
das von der psychosomatischen Grundversorgung durch Haus- und
Fachärzte bis hin zur fachärztlichen psychiatrischen,
psychosomatischen und psychotherapeutischen Versorgung reicht. Die
Abgeordneten hoben in der Aussprache unter anderem die Kompetenz der
spezifisch ärztlichen Form der Behandlung psychisch Kranker hervor.
Sie liege vor allem darin, ein individuelles, somatische wie
psychische Aspekte integrierendes Gesamtkonzept für den einzelnen
Patienten anbieten zu können. Dies sei umso wichtiger, da psychische
Erkrankungen häufig mit behandlungsbedürftigen somatischen
Erkrankungen einhergehen und sich beide wechselseitig sogar noch
verstärken können.

Vor diesem Hintergrund warnte der Deutsche Ärztetag davor, das
bestehende Versorgungsmodell mit ärztlichen und nicht ärztlichen
Angeboten im Rahmen der Novellierung des Psychotherapeutengesetzes
aufzuspalten. Notwendig sei auch die Weiterentwicklung des
stationären Vergütungssystems in den Bereichen Psychiatrie,
psychosomatische Medizin und Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie eine
differenzierte und leistungsgerechte Erfassung und Finanzierung auch
der ambulanten fachärztlichen Leistungen in diesen Bereichen. Der
Ärztetag sprach sich zudem für eine differenzierte, eigenständige
Bedarfsplanung im ambulanten Bereich für die Fachgebiete Neurologie,
Psychiatrie, Psychosomatische Medizin sowie Kinder- und
Jugendpsychiatrie aus.

Um Stigmatisierung entgegenzuwirken, forderte der Deutsche
Ärztetag die Bundesregierung sowie die Landesregierungen auf,
Gesetzesvorhaben zu stoppen, die eine gesonderte Speicherung der
Daten psychisch Kranker zum Inhalt haben.

Auf dem Deutschen Ärztetag wurde in drei Referaten die
Versorgungssituation insbesondere erwachsener Patientinnen und
Patienten sektorenübergreifend aus psychosomatischer, hausärztlicher
und psychiatrischer Perspektive dargestellt. Im ersten Vortrag legte
Prof. Dr. Stephan Zipfel, Ärztlicher Direktor der Medizinischen
Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, die besondere
gesamtgesellschaftliche Bedeutung der Versorgung psychischer
Störungen dar. Prof. Dr. Jochen Gensichen, Leiter des Instituts für
Allgemeinmedizin an der Medizinischen Fakultät der
Ludwig-Maximilians-Universität München, ging auf die Betreuung von
Menschen mit psychischen und psychosomatischen Erkrankungen in der
hausärztlichen Versorgung ein. Gerade Depression, Angst- und
Panikstörungen sowie somatoforme Störungen wiesen eine hohe Prävalenz
in der Hausarztpraxis auf. Auf die Schnittstellen zwischen den
Versorgungsbereichen sowie auf die interdisziplinäre Zusammenarbeit
in sektorenübergreifenden, integrativen Versorgungsmodellen ging Dr.
Iris Hauth, Ärztliche Direktorin und Chefärztin der Klinik für
Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des Alexianer St.
Joseph Krankenhauses Berlin Weißensee, ein. Die Präsentationen der
Referenten können im Internet unter http://www.bundesaerztekammer.de/
aerztetag/121-deutscher-aerztetag-2018/referate/ abgerufen werden.

Die 250 Abgeordneten des Deutschen Ärztetages befassen sich bis
Freitag mit gesundheits-, berufs- und sozialpolitischen Themen.
Folgen Sie der Bundesärztekammer und dem Deutschen Ärztetag unter
#daet2018 auch auf Twitter und halten Sie sich über die Diskussionen
auf dem Laufenden.

Druckfähige Fotos von der Eröffnungsveranstaltung des Deutschen
Ärztetages stehen unter www.aerzteblatt.de/bildservice zum
kostenlosen Download zur Verfügung.

Pressekontakt:
Bundesärztekammer
Stabsbereich Politik und Kommunikation
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin

Tel. 030-400456700
Fax. 030-400456707
presse@baek.de
www.baek.de

Original-Content von: Bundesärztekammer, übermittelt durch news aktuell