Was geschieht mit einem Seriendieb, den plötzliche
Reue überfällt und der deshalb seine Beute zurück gibt? Natürlich: Er
muss sich vor Gericht verantworten. Seine Selbstanzeige wird ihm dort
zwar strafmildernd angerechnet. Aber an einer Verurteilung kommt er
nicht vorbei. Ebenso verfahren unsere Strafverfolgungsbehörden mit
allen anderen Delikten. Nur wenn es um jahrelange, systematische
Steuerhinterziehung geht, zeigt sich Justitia vor ihrer nachsichtigen
Seite. Dann reicht eine umfassende Selbstanzeige, und schon ist der
Betrüger raus aus dem Schneider. Niemand hat bisher plausibel
erklären können, warum es in unserem Recht solche Unterschiede gibt.
Verteidiger der strafbefreienden Selbstanzeige argumentieren zwar
gerne, dass durch dieses Instrument dem Fiskus jährlich Milliarden
Euro in die Kasse gespült werden. Ja und? Der gleiche Effekt wäre zu
erzielen, wenn die Steuerfahndung personell besser ausgestattet
würde. Wenn der Fiskus beispielsweise in der Lage wäre, Unternehmen
häufiger als nur alle zehn oder zwanzig Jahre zu prüfen. Oder wenn im
Kampf gegen Steueroasen wirklich einmal die Kavallerie ausrückt. Doch
daran scheinen mächtige gesellschaftliche Kräfte nur bedingt
Interesse zu haben. Etwa, weil millionenschwere Steuerhinterziehung
Schwerstkriminalität der Oberschicht ist? Die strafbefreiende
Selbstanzeige ist jedenfalls ein Relikt aus feudalen Zeiten. Sie
gehört abgeschafft – ohne Wenn und Aber.
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