Das EU-Parlament hat die Tabakrichtlinie
verschärft. Zur Abschreckung sind auf Zigarettenpackungen in den
Mitgliedsstaaten künftig Bilder von Krebsgeschwüren und verfaulten
Gebissen zu sehen. Das ist ein wichtiger weiterer Schritt auf dem
Weg, ein zweifelhaftes Image zu zerstören, das in erster Linie die
Tabaklobby mit teuren Werbeagenturen geschaffen hat. Über Jahrzehnte
haben einige wenige Konzerne mächtig Profit gemacht, weil Rauchen als
cool, verwegen oder – etwa mit Zigarettenspitze – elegant galt.
Kritiker, darunter nicht nur Raucher, fühlen sich mit den
Schockbildern auf den Packungen ein weiteres Mal von der EU
bevormundet. Sie sehen sich in ihrer Freiheit und Mündigkeit
eingeschränkt und schimpfen auf die Regulierungswut aus Brüssel. Doch
diesmal geht es um Wichtigeres als den Krümmungsgrad der Gurke oder
das inzwischen zurückgezogene Verbot offener Olivenölkännchen auf
Restauranttischen.
Rauchen stellt ein ernsthaftes gesundheitliches Risiko dar. Und
Gesundheit liegt eben nicht nur in der Verantwortung eines jeden
einzelnen, sondern hat eine öffentliche Dimension. Nicht nur aus
sozialen, sondern auch aus volkswirtschaftlichen Gründen. Studien
über die enormen Folgekosten für das Gesundheitssystem gibt es
zuhauf. Erwiesen ist auch, dass sie sich durch die Einnahmen aus der
Tabaksteuer nicht wieder ausgleichen lassen.
Umso wichtiger ist Prävention. Genau dort setzen die Ekelbilder
an: Sie sollen Kinder und Jugendliche davon abhalten, überhaupt mit
dem Rauchen anzufangen. Dass sich Maßnahmen bei dieser Zielgruppe
lohnen, zeigt eine Untersuchung, die die Bundeszentrale für
gesundheitliche Aufklärung 2013 vorlegte. Demnach hat sich der Anteil
jugendlicher Raucher binnen zehn Jahren halbiert. Unter den Zwölf-
bis 17-Jährigen haben 70 Prozent noch nie an einer Zigarette gezogen
– so wenige wie niemals zuvor.
Gleichwohl: Beginnen Jugendliche mit dem Rauchen, steigen sie
durchschnittlich mit 14,4 Jahren ein. Wer in diesem Alter anfängt,
ist sich der Konsequenzen weniger bewusst als mit 20. Zu verlockend
dürfte es sein, aus Neugier oder pubertärer Rebellion mit dem Rauchen
zu starten. Die Schockbilder auf den stylischen Schachteln bieten
einen längst überfälligen Pol zu künstlerisch anmutenden Fotos
qualmender Rockstars oder Schauspieler.
Die Ekelfotos werden überzeugte Raucher nicht bekehren – und das
müssen sie auch nicht. Niemand soll ihnen ihren Genuss oder ihr
Laster verbieten dürfen, so lange sie andere damit nicht gefährden
oder beeinträchtigen. Allerdings wird auch der eingeschworene
Nikotin-Fan zugeben müssen, dass sich die Frage schwer beantworten
lässt, wo Genuss aufhört und Sucht anfängt. Und das Gefühl, es ohne
Zigarette keine zwei Stunden im Kino aushalten zu können, kann
einfach kein Gutes sein. Im Gegensatz zu Raucherbein und Raucherlunge
lässt sich Suchtdruck allerdings nicht als Foto auf eine Packung
kleben. Leider.
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