David gegen Goliath; so erzählt Uber gerne seine
Geschichte: auf der einen Seite ein Internet-Startup, das mit einer
guten, zukunftsweisenden Idee die Taxibranche aufmischt, auf der
anderen Seite mafiöse Taxiunternehmer, die sich vehement gegen mehr
Wettbewerb wehren. Dementsprechend war auch die Reaktion des
Unternehmens auf die gestrige einstweilige Verfügung: „Wir sind der
Auffassung, dass Wettbewerb für alle gut ist.“ Ist er nicht. Vor
allem nicht, wenn der Wettbewerb verzerrt wird, weil Taxiunternehmen
ihr Geschäft mit deutlich höheren Auflagen betreiben müssen als die
private Vermittlung von Uber. Wer keine Versicherung zahlt und keine
Lizenzen erwirbt, kann seine Dienste natürlich viel günstiger
anbieten. Das zeugt nicht von besonderer Wettbewerbsfähigkeit,
sondern nur vom Nichtanerkennen gesetzlicher Richtlinien. Deshalb ist
es richtig, dass das Gericht dem Treiben von Uber vorerst einen
Riegel vorgeschoben hat. Der Fall Uber weist aber tiefer. Das
Unternehmen ist Teil eines Wirtschaftszweiges, der durch die
Möglichkeiten des Internets eine Renaissance erlebt. Die
„Sharing-Economy“ – also das Tauschen, Leihen und Mieten von privat
zu privat – sollte eine Alternative zum Raubtier-Kapitalismus sein.
Was mit Couchsurfing begann, bei dem man eine Schlafstätte anbot, um
dann von der Gastfreundschaft anderer zu profitieren, gibt es
inzwischen für viele Bereiche. Auto, Werkzeuge oder eben
Dienstleistungen von privat zu privat liegen nur einen Klick weit
entfernt. Was romantisch klingt und Hoffnung auf nachhaltiges
Wirtschaften machte, ist längst selbst streng kapitalistisch
organisiert. Die Profiteure der Internetplattformen sind zuallererst
sie selbst. An die Stelle der Taxizentralen, die laut Uber als
gierige „Mittelsmänner“ ausgeschaltet werden, setzt sich das
Unternehmen selbst und greift 20 Prozent Vermittlungsgebühr ab. Eine
Unsumme, wenn man bedenkt, wie wenig aufwendig der Dienst ist. Nicht
umsonst wird der Wert von Uber auf 17 Milliarden Dollar geschätzt –
so viel zum Thema David gegen Goliath. Auf der anderen Seite sind die
Privatleute, die ihre Dienste oder ihr Eigentum anbieten. Für die
meisten ist es ein kleines Zubrot oder einfach eine Erfahrung.
Schwierig wird es, wenn rechtliche Probleme auftauchen. Bei Unfällen
oder Sachschäden ziehen sich die Internet-Vermittler gerne auf die
Position zurück, dass man den Dienst nur vermittelt habe.
Entsprechende Verträge sichern Uber & Co. ab. So wird der Gewinn zum
Nutzen der Portale maximiert und der Verlust auf die User abgewälzt.
Besonders an Couchsurfing kann man erkennen, wie aus idealistischen
Ideen renditeorientierte Geschäftsmodelle werden. Einst als
Hobby-Projekt mit viel ehrenamtlichem Programmierer-Einsatz
gestartet, ist die Webseite inzwischen eine mit Risikokapital
ausgestattete Internet-Firma. Deshalb ist Tausch-Romantik bei der
Beurteilung solcher Portale ein schlechter Ratgeber. Es handelt sich
in der Regel um Unternehmen, die nach streng ökonomischen Maßstäben
agieren. So sollten sie auch behandelt werden. Für sie müssen die
gleichen Regeln und Auflagen wie für alle gelten. Erst dann ist ein
fairer Wettbewerb möglich. Den Rest entscheidet dann der Kunde.
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